Der Begriff stammt vom Verb „nachhalten“ und dessen Bedeutung „längere Zeit anhalten“. Geprägt wurde er im 18. Jahrhundert in der Forstwirtschaft. Hans Carl von Carlowitz machte sich Gedanken darüber, wie es dauerhaft genügend Holz für den Bau von Silberminen geben könnte. Seine Idee: nicht mehr Bäume schlagen, als nachwachsen können. Er nannte das „nachhaltende Nutzung“. 1987 legte die norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland in einem Bericht für die Vereinten Nationen eine Definition vor, die noch immer gültig ist und gut beschreibt, worum es geht: Eine Entwicklung oder Handlung ist nachhaltig, wenn sie die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Inzwischen bedeutet das, dass nicht mehr nur wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle für eine Entscheidung spielen, sondern ebenso soziale und ökologische Faktoren berücksichtigt werden. Dazu müssen in allen Lebensbereichen die Ressourcen geschont werden. Das umfasst den Boden genauso wie die Luft und das Klima, die Meere wie andere Lebewesen, die Müllproduktion und das Trinkwasser, aber auch den Menschen mit seiner Arbeitskraft und in seinem sozialen Gefüge.
Der individuelle Ressourcenverbrauch
Der ökologische Fußabdruck ist ein Maß für die biologisch produktive Fläche auf der Erde, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen (unter den heutigen Produktionsbedingungen) dauerhaft zu ermöglichen. Er gilt daher als Indikator für Nachhaltigkeit. Das schließt Flächen ein, die zur Produktion von Kleidung und Nahrung oder zur Bereitstellung von Energie benötigt werden, aber zum Beispiel auch zur Müllentsorgung oder dazu, das durch menschliche Aktivitäten freigesetzte Kohlenstoff dioxid zu binden. Der ökologische Fußabdruck kann für einzelne Produkte (T-Shirt, Lebensmittel) und bestimmtes Verhalten (fliegen, heizen) berechnet werden und ergibt eine Fläche in Hektar. Wenn auf der Erde jeder so leben würde wie der durchschnittliche Einwohner in Deutschland, bräuchten wir drei Planeten. Das macht deutlich, dass etwas geschehen muss – konkret: dass wir ressourcenschonender leben müssen.
Nachhaltigkeit im Alltag
Aber was bedeutet das für den Alltag? Für das Everyday Life im Kleinen, für die Gesellschaft im Großen? Und wie kann jeder Einzelne möglichst nachhaltig leben? Klar ist, dass niemand im Alleingang unseren Planeten retten kann. Es ist in Deutschland zudem schwer, lediglich durch persönliche Maßnahmen einen nachhaltigen Fußabdruck zu erreichen. Und nicht immer ist es eindeutig, wie man bei unterschiedlichen Möglichkeiten „am nachhaltigsten“ handelt. Dennoch ist auch jeder kleine Schritt besser als keiner. Über das eigene Tun überhaupt erst einmal nachzudenken, schafft darüber hinaus ein Bewusstsein für vieles, was in den vergangenen Jahrzehnten als selbstverständlich betrachtet wurde.
Nachhaltiger leben zu wollen bedeutet auch, sich bewusst zu machen, in welchen Bereichen man selbst oder die eigene Familie Änderungen umsetzen kann. Wer weit draußen auf dem Land wohnt, wird auf das Auto möglicherweise nicht so leicht verzichten können wie eine Familie in der Stadt, die auf guten öffentlichen Nahverkehr zurückgreifen kann. Dafür kann die Familie auf dem Land vielleicht leichter Obst und Gemüse selbst anbauen oder bei Erzeugern in der Nähe einkaufen, während die Städter stärker auf das Angebot in Supermärkten angewiesen sind. Aber es gibt zahlreiche Wege, im eigenen Lebensumfeld bedachter zu handeln.
Ganz schön teuer?
Wer alles auf bio und öko umstellt, wird tiefer in den Geldbeutel greifen müssen. Aber wäre das nicht auch irgendwie Augenwischerei, um sich mit dem Öko-Label ein gutes Gewissen zu erkaufen? Im Kern geht es doch darum, umzudenken und neu zu denken. Muss ich wirklich so oft Fleisch essen? Oder reicht es nicht auch, wenn ich einmal in der Woche gutes Bio-Fleisch esse? Brauche ich jeden Winter einen neuen Mantel? Nachhaltiger zu leben bedeutet auch, auf Bequemlichkeit zu verzichten. Was machbar und umsetzbar ist, empfindet jeder anders. Auch ist nicht immer klar, welches Verhalten nachhaltiger ist. Denn alles hängt mit allem zusammen und beeinflusst sich gegenseitig. Hier muss jeder die Entscheidung treffen, die sich richtig anfühlt:
Ist bio immer besser? Soll ich lieber die Tomaten vom herkömmlich wirtschaftenden Bauern um die Ecke (= regional, kurze Wege) kaufen, oder die Biotomaten aus dem Gewächshaus in Spanien?
Neueste Technik oder lange Verwendungsdauer? Soll ich meine 15 Jahre alte Waschmaschine, die noch funktioniert, aber viel Strom und Wasser verbraucht, durch eine neue energiesparende ersetzen, für deren Produktion ebenfalls Energie und Ressourcen verbraucht wurden?
Reicht Bio-Fleisch oder besser vegetarisch oder vegan? Sollte ich auf Fleisch- und Milchprodukte aus ökologischen Gründen ganz verzichten oder reicht es, wenn ich auf Bio-Produkte umsteige?
Nachhaltigkeit im Familienalltag – für Anfänger & Fortgeschrittene
Von heute auf morgen das Leben umzukrempeln, funktioniert nicht. Aber Schritt für Schritt kann man etwas ändern. Darauf können Sie achten:
1. Wählen Sie im Supermarkt unverpacktes Obst und Gemüse. Noch besser: Kaufen Sie am Gemüsestand oder auf dem Wochenmarkt. Dort unterstützen Sie auch die Bauern und Erzeuger aus der Region.
2. Wo es keinen Wochenmarkt gibt, ersetzen Bio- oder Ökokisten den Besuch. Im Internet bestellt, erhalten Sie Woche für Woche ökologisch hochwertige, regionale und saisonale Produkte vor die Tür geliefert.
3. Planen Sie Ihren Einkauf so, dass Sie keine Lebensmittel wegwerfen müssen.
4. Denken Sie daran, zum Einkaufen eigene Taschen mitzunehmen. An Wurst- und Käsetheken können die Waren inzwischen auch in eigene Boxen gepackt werden.
5. Trennen Sie konsequent den Müll. Viele Stoffe sind recycelbar, aber nur, wenn sie nicht mit anderen Stoffen vermischt sind. Auf der Webseite der Verbraucherzentrale erfahren Sie, was in welche Tonne gehört.
6. Achten Sie bewusst auf Ihren Fleisch- und Wurstkonsum. Können Sie hier reduzieren und/oder auf Bio-Produkte umsteigen? Ökologische Tierhaltung wirkt sich nicht nur positiv auf die Ökobilanz aus, sondern auch auf das Tierwohl.
7. Das Badezimmer ist voll mit Plastik. Alternativen sind Seifenstücke zum Händewaschen, aber auch als Shampoo oder Körperseife.
8. Meiden Sie Produkte mit Palmöl. Für dessen Produktion werden große Flächen des Regenwaldes gerodet. Es versteckt sich in zahlreichen Lebensmitteln und Hygieneprodukten. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe zeigt, wo es überall enthalten ist.
9. Sparen Sie Wasser und Energie, indem Sie die Waschund Spülmaschine gut voll machen.
10. Können Sie öfter mal vom Auto auf Bus, Bahn oder das (E-)Bike umsteigen?
Nächstes Level gefällig?
1. Reparieren statt wegwerfen. Viele Geräte und Gegenstände gehen irgendwann kaputt. In Repaircafés helfen findige Bastler, Dinge wieder zu reparieren.
2. Wie sieht es mit Elektrizität aus? Kommt für Sie ein Ökostrom-Tarif oder ein Ökostrom-Anbieter in Frage? Vergleichsportale im Internet können bei der Tarifauswahl helfen.
3. Ziehen Sie mit Ihrem Konto zu einer umweltbewussten Bank um. Sie möchten Geld anlegen? Achten Sie darauf, in welche Firmen und Technologien Sie investieren. Auch ökologische Geldanlagen sind zahlreich verfügbar.
Challenge accepted!
Sie möchten weniger Plastik zu Hause haben? Hier finden Sie drei Challenges (Herausforderungen), die Sie auf diesem Weg ein gutes Stück voranbringen können.
30 : 1: Ersetzen Sie 30 Tage lang jeden Tag einen Gegenstand aus Plastik gegen eine plastikfreie Alternative.
30 : 0: Versuchen Sie nun, 30 Tage lang kein Plastik einzukaufen. Wahrscheinlich wird das nur gelingen, wenn Sie auch in anderen Geschäften als bisher einkaufen. Zahlreiche Tipps bietet das Buch Es geht auch ohne Plastik von Sylvia Schaab (siehe Buchtipp).
10 : 1: Ersetzen Sie über 10 Wochen jede Woche ein Produkt im Haushalt durch ein selbst gemachtes. 137 Rezepte finden Sie in den Büchern Selber machen statt kaufen von smarticular (siehe Buchtipp).
Ein Meer aus Plastik
Rund 107 Kilogramm Verpackungsmüll fallen pro Privatperson und Jahr in Deutschland an. Davon sind etwa 25 Kilogramm aus Plastik. Biologisch nicht abbaubares Plastik ist ein riesiges Problem. Bis zum Jahr 2050, so lauten Schätzungen, könnte in den Meeren mehr Plastik schwimmen als Fische. Eine Plastikflasche im Meer benötigt mindestens 450 Jahre, um sich zu zersetzen. Schon jetzt verteilen sich Nanopartikel von Kunststoffen bis an die entlegensten Orte der Erde – und sind damit natürlich auch in unserer Nähe, in unseren Lebensmitteln und unserem Wasser. Die gesundheitlichen Folgen sind noch weitgehend unerforscht.
Mit Kleidung nachhaltig umgehen
Wie der ökologische Fußabdruck die notwendige Fläche berechnet, so gibt es auch einen Wasser-Fußabdruck, der angibt, wie viel Wasser für die Herstellung bestimmter Produkte benötigt wird. Dabei wird nicht zwingend die gesamte Menge „verbraucht“; beispielsweise kann beim Färben von Kleidung die Färbelösung theoretisch wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden, allerdings erst, nachdem das Wasser aufwendig wiederaufbereitet wurde. So werden für eine Jeans etwa 6 000 Liter Wasser benötigt, für ein Baumwoll-T-Shirt rund 2 000 Liter. Aus diesem Grund ist es geboten, auch bei der Kleidung auf längere Sicht einzukaufen. Was nicht mehr passt oder gefällt, kann über Freunde, Nachbarn, Flohmärkte, Second Hand-Seiten oder Kleiderkreisel eine neue Trägerin oder einen neuen Träger finden. Auch für Kinder kann man – zumindest bis zu dem Alter, in dem jede Hose zwangsläufig große Löcher an den Knien hat, und danach auch wieder – wunderbar gebrauchte Kleidung kaufen. Oder sogar mieten. Und alte Socken sind übrigens super, um das Fahrrad zu putzen!
Bäume pflanzen für den Urlaubsflug
Flugreisen, Autofahren, Heizen, Fleischkonsum – all das führt dazu, dass die Atmosphäre mit dem klimaschädlichen Kohlenstoffdioxid belastet wird. Seit einigen Jahren kann man mit einer Ausgleichszahlung an private Organisationen klimafreundliche Projekte unterstützen, zum Beispiel Aufforstungsprojekte im Regenwald oder den Einsatz von Solarlampen in Entwicklungsländern. Die Stiftung Warentest hat 2018 sechs Organisationen getestet – und die meisten für gut befunden. Interessant ist, dass ausgerechnet Wiederaufforstungsprojekte nicht am besten abschneiden, weil Bäume nur, so lange sie wachsen, aktiv CO2 speichern; nach dem Fällen oder beim Verrotten setzen sie es wieder frei.