Nahezu wöchentlich erfahren wir über die Medien, wie gewalttätig es an manchen Schulen zugeht. Und selbst in den Kindertagesstätten ist aggressives Verhalten keine unbekannte Größe: Unsere Jüngsten müssen sich immer häufiger mit Gebrüll, Rüpeleien und Handgreiflichkeiten auseinander setzen. Zweifellos eine beunruhigende Entwicklung, hervorgerufen durch ein ganzes Bündel von gesellschaftlichen und individuellen Ursachen. Doch man kann ihr entgegentreten - mit Hilfe von Prävention und durch einfühlsame und stärkende Begleitung der Kinder.
Je früher, desto besser
Vorbeugen ist besser als heilen heißt eine Redensart. Das gilt in besonderem Maße auch für die Gewaltprävention. Schon die Kleinsten zeigen sich ab etwa dem 2. Lebensjahr manchmal aggressiv - doch dies gehört als „Trotzphase" zur kindlichen Entwicklung dazu. Aber wenn man der Aggression nicht frühzeitig Grenzen setzt, besteht zumindest bei einem Teil der Kinder die Gefahr, dass sie immer häufiger maßlos wird und irgendwann in Gewalt gegen Menschen und Dinge umschlägt. Um Verhaltensstörungen dieser Art wirkungsvoll vorzubeugen, sollte der sozial verträgliche Umgang mit Aggressionen zum frühest möglichen Zeitpunkt und bevor Probleme mit Gewalt massiv auftreten, eingeübt werden - nach Expertenmeinung funktioniert das bereits im Kindergartenalter. Auch die Phase rund um die Einschulung gilt als besonders günstig für Präventionsmaßnahmen, die die Entwicklung positiv beeinflussen. Je älter die Kinder sind, desto mühsamer wird es, sie von ihren eingeübten und „erfolgreich" praktizierten aggressiven und gewalttätigen Verhaltensweisen abzubringen, vor allem, wenn sie sich schon auf dem sozialen Rückzug befinden.
Präventionsprogramme unterstützen den Erwerb von Kompetenzen
Es geht zwar durchaus rau zu in den Kindergärten - mit sehr unmittelbaren Formen von Gewalt wie spucken, hauen, Haare reißen. Und in den ersten Schuljahren sind Hänseleien und Ausgrenzungen keine Seltenheit: die ersten Ansätze von Mobbing. Doch gleichzeitig sind Kindergarten- und Grundschulkinder in einer Entwicklungsphase, in der viele soziale und emotionale Kompetenzen erst noch erworben werden. Hier setzen die inzwischen vielfältig entwickelten Präventionsprogramme an. Sie werden von den Erzieherinnen oder Lehrerinnen durchgeführt und haben den großen Vorteil, dass sie eine gewisse Chancengleichheit herstellen: Alle Kinder einer Gruppe bzw. Klasse werden miteinbezogen und können profitieren, nicht nur die aus besonders fürsorglichen Elternhäusern.
Die Kurzvorstellung einiger ausgewählter Programme regen Sie vielleicht an, sich auf dem nächsten Elternabend mit den Erzieherinnen oder Lehrerinnen Ihrer Kinder darüber auszutauschen:
Faustlos
Das Programm „Faustlos" will die sozialen und emotionalen Kompetenzen bei Kindern fördern. In 28 (Kindergarten) bzw. 51 (Grundschule) Lektionen und mit Hilfe kindgerechter Materialen lernen die Kinder vor allem drei Dinge:
- Empathie, d.h. die Fähigkeit, die Gefühle anderer wahrzunehmen, zu verstehen und zu beantworten
- Impulskontrolle, also das Einüben von Frustrationstoleranz und sozialen Verhaltensweisen wie „sich entschuldigen" oder „mitmachen"
- Umgang mit Ärger und Wut, d.h. die Auslöser dieser heftigen Gefühle besser wahrzunehmen und nach konstruktiven Lösungen zu suchen.
Nähere Informationen finden Sie unter www.faustlos.de
Ich kann Probleme lösen (IKLP)
Dieser Kinderkurs besteht aus 15 Einheiten, angepasst jeweils an das Kindergarten- oder Grundschulalter. Neben dem Training des Umgangs mit Emotionen liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen von Strategien zur sozialen Problemlösung. Die Kinder üben, einen Streit zu erkennen, Handlungsalternativen zu finden, Konsequenzen zu bewerten und sich für eine Lösung zu entscheiden. Mit Hilfe von Modell- oder Rollenspielen lassen sich neue Problemlösungen einüben.
Nähere Informationen finden Sie unter www.effekt-training.de/ikpl
Papilio
Papilio ist ein speziell auf das Kindergartenalter zugeschnittenes pädagogisches Programm, das die psychosoziale Gesundheit der Kinder fördern will. Dadurch sollen sie die Möglichkeit bekommen, Risiken, die zu Sucht- und Gewaltverhalten führen, selbstbewusst zu begegnen. Getragen wird das Projekt von Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Weitere Infos unter www.papilio.de.
Eltern stärken ihre Kinder
Starke und selbstbewusste Kinder sind gut gewappnet gegen aggressive Verhaltensweisen und Zwänge aller Art. Um dies zu erreichen, ist es ideal, wenn Eltern und pädagogische Einrichtungen Hand in Hand arbeiten. Als Eltern haben Sie viele Möglichkeiten, Ihren Kinden den Rücken wirkungsvoll zu stärken und die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Eine beständige, liebevolle Beziehung, ein möglichst stabiles Umfeld, das Vermeiden von körperlichen Strafen, ein Angebot entwicklungsgerechter Erfahrungen, klare Grenzen und eine Kommunikation ohne verletzende Elemente sind dabei die wichtigsten Voraussetzungen.