Dem Trotz vorbeugenWissen, wann es heikel wird

Die Trotzphase eines Kindes kann Monate andauern und das Familienleben sehr belasten. Eltern müssen dem Trotz trotzen und ihm vorbeugen. Mit bestimmten Maßnahmen und Veränderungen im Alltag ist dies möglich. Wir zeigen Ihnen wie.

Dem Trotz vorbeugen: Wissen, wann es heikel wird
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Michel stampft wütend mit dem Fuß auf und funkelt seine Mutter, die im Hausflur auf ihn wartet, böse an. "Ich will Tür aufmachen!", schimpft der Dreijährige. Katja ist genervt von ihrem Kleinen. Nicht schon wieder! Jetzt hat sie die Wahl: Entweder erlebt sie in Kürze den dritten Wutanfall ihres Sohnes an diesem noch jungen Tag, oder sie entschließt sich, wieder aus der Wohnung rauszugehen, die Tür zuzuziehen, ihrem kleinen Chef den Schlüssel zu übergeben und innerlich brodelnd zuzuschauen, wie Michel in größter Seelenruhe an der Haustür rumhantiert.

Eltern, die zehn oder zwanzig solcher Szenen pro Tag erleben, sind abends erschöpft, leer und ratlos. Anstrengender als den Wutanfall über sich ergehen zu lassen, ist oft das ständige Abwägen: Bleibe ich diesmal konsequent, oder gebe ich nach, um meine eigenen Nerven zu schonen? Im schlimmsten Fall sind Sie während solch einer Trotzphase Ihres Kindes, die ja Monate lang dauern kann, permanent so dünnhäutig und angespannt, dass Sie schon förmlich auf den nächsten Zoff warten, um dann gleich in die Luft zu gehen. Es gibt zwei Strategien, die Sie diese anstrengende Zeit leichter ertragen lassen:

  • Distanz: Betrachten Sie das Ganze abends bei einem Glas Wein aus der Distanz. Was passiert da eigentlich mit Ihnen und Ihrem Kind? Und mal abgesehen von den Wutanfällen: Was gibt es sonst noch über Ihr gemeinsames Leben zu sagen?
  • Vorbeugung: Wenn Sie ein wenig klarer und distanzierter erkennen, wann solche Krisen auftreten und wie Sie als Familie damit umgehen, lässt sich in Zukunft vielleicht der eine oder andere Trotzanfall vermeiden.

Innerlich Abstand nehmen

Distanz einzunehmen ist auch ein guter Tipp für den Moment eines Wutanfalls. Lassen Sie sich nicht mit in die Emotionalität Ihres Kinder hineinziehen, sondern versuchen Sie, einen Schritt zurückzutreten, durchzuatmen und die ganze Sache mit einem inneren Abstand zu betrachten. Denn schließlich sind in der Regel nicht Sie verantwortlich für den Gefühlsausbruch. Trotzdem sollten Sie Ihrem Kind natürlich emotional und körperlich nah sein und es unterstützen, wenn es wieder ansprechbar ist.

Versuchen Sie außerdem, aus der Haltung der Distanz das Wutverhalten Ihres Kindes einmal genau zu beobachten: Was tut mein Kind eigentlich, wenn es trotzt? Schlägt es, stampft und schreit es, wirft es sich auf den Boden? In welcher Situation passiert das? Mit welchen Personen? Zu welchen Gelegenheiten? Wenn Sie diese Beobachtungen über eine gewisse Zeit durchführen und vielleicht sogar schriftlich festhalten, werden Sie das Verhalten Ihres Kindes plötzlich anders einordnen und bewerten können. Vielleicht erklärt sich Ihnen sogar die eine oder andere Verhaltensweise. Unter Umständen wird Ihnen auch bewusst, dass Ihr Kind bei weitem nicht so oft ausrastet, wie es Ihnen vorkommt.

Auch die guten Seiten sehen

Besser durchstehen können Sie die schwierige Phase auch, wenn Sie Ihren gestressten Blick immer mal wieder auf die schönen und tollen Momente mit Ihrem Kind richten. Haben Sie sich in letzter Zeit einmal klargemacht, was Sie so richtig mögen an Ihrem Kleinen? Wann sind Sie stolz auf ihn/sie, wann ist er oder sie niedlich, witzig, toll, mutig, einfach unvergleichbar? Was mag Ihr Kind, worauf können Sie aufbauen? Wenn Sie Ihre Sichtweise auf diese Weise wieder etwas öffnen, können Sie die anstrengenden Momente besser einordnen und ertragen, sie relativieren sich. Außerdem wird es dadurch während eines Trotzanfalles leichter, von dem gewohnten Schema "Wenn du jetzt nicht ..., dann ..." abzulassen. Konsequent zu sein ist zwar grundsätzlich notwendig, manchmal übt man dadurch jedoch nur noch mehr Druck auf das gestresste Kind aus. Versuchen Sie einmal, Ihr Kind mit angenehmen Aussichten zu locken, wie: "Wenn du jetzt mitkommst, haben wir gleich noch Zeit für ein Memory - das spielst du doch so gern."

Die Sollbruchstellen im System erkennen

Wenn Sie Ihr Kind mit seinem Trotzverhalten über eine Woche beobachtet haben, kennen Sie sicherlich einige der Sollbruchstellen im System. Lasse rastet beispielsweise immer bei Übergängen aus, also wenn er vom Kindergarten abgeholt wird, oder wenn seine Mutter am Nachmittag noch mal mit ihm raus will, er aber mitten im Spiel ist. Seine Eltern kennen diese sensible Situation inzwischen und haben es geschafft, besser damit umzugehen. Die Abholsituationen im Kindergarten klappen jetzt reibungsloser, weil Lasse weiß, dass sein Papa zu Hause als allererstes mit ihm eine Viertelstunde spielt. Wenn diese Zeit rum ist - das kann Lasse an der Uhr ablesen oder am Klingeln des Weckers hören - , beginnt sein Vater das Mittagessen zubereiten. Am Nachmittag funktioniert es auf ähnliche Weise: Die Mutter sagt Lasse rechtzeitig Bescheid, wenn sie noch etwas erledigen muss, und vereinbart mit ihm eine Zeit. Manchmal stellt sie auch den Wecker: Wenn er klingelt, geht es los. So fühlt sich Lasse nicht überfordert in Momenten, in denen er von einer Situation in eine andere wechseln muss. Er ist darauf vorbereitet und kann mitgestalten, wie das Ganze abläuft. Klappt alles gut, wird er ausdrücklich gelobt.

Vielleicht trotzt Ihr Kind, wenn Besuch kommt, wenn es Mittagessen gibt oder wenn es Abend wird. Sicher können Sie auch durch ein vorbeugendes und positiv bestärkendes Verhalten nicht alle Trotzanfälle verhindern. Aber bestimmt lässt sich dadurch die Situation entspannen, so dass Sie die stressige Zeit mit etwas mehr Gelassenheit und Verständnis überstehen können.

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