Konstantin will seine kleine Schwester Clara rufen, aber er bringt auch mit 4 ½ Jahren nur ein: "Tara, tommst du her?" heraus. Das Aussprechen des Buchstaben K bereitet ihm noch immer hörbare Schwierigkeiten, sodass seine Eltern auf Anraten des Kinderarztes eine logopädische Behandlung einleiten. Dort lernt Konstantin durch eine spezielle Mundgymnastik schnell, seine Aussprache zu verbessern. Die Übungen werden auch zu Hause regelmäßig umgesetzt, und nach kurzer Zeit klappt es endlich mit dem K.
Die Entwicklung der Sprachkompetenz
Es ist ein faszinierender Vorgang, wie ein Kind in seinen ersten drei bis vier Lebensjahren das Geheimnis der Sprache entschlüsselt. Vom ersten Schreien bis hin zu einer vollständigen Unterhaltung in ganzen Sätzen durchläuft es unterschiedliche Entwicklungsschritte, an deren Ende die Sprache als zentrales Mittel der Kommunikation steht. Die Gespräche mit seinen vertrauten Bezugspersonen, also den Eltern, den Geschwistern und Großeltern, bilden die wichtigste Rahmenbedingung für diesen Prozess.
Kinder orientieren sich beim Sprechenlernen an ihrer Umwelt und erweitern ihre Sprachkompetenz durch eine genaue Beobachtungsgabe, durch das Kopieren von Gehörtem und durch Eigenkreationen, die dem Prinzip von Versuch und Irrtum unterliegen.
Doch so einfach, wie es klingt, scheint es nicht zu sein, denn leider wird bei den Einschulungsuntersuchungen in letzter Zeit immer häufiger festgestellt, dass viele Schülerinnen und Schüler sprachliche Defizite aufweisen. Neben einem geringen Wortschatz, dem Fehlen einfacher Begriffe, einem schlechten Gedächtnis für Gehörtes oder falscher Satzbildung zeigen die Kinder auch vermehrt Aussprachestörungen.
Wenn ein Kind "agge" statt Flasche sagt
Bleibt die Entwicklung der Aussprache deutlich hinter der Altersnorm zurück, muss sorgfältig nach den Ursachen geforscht werden, um eine wirkungsvolle Therapie beginnen zu können. Sprachstörungen zeigen sich zum Beispiel, wenn das Kind schwierige Buchstabenkombinationen auslässt (wimmbad statt Schwimmbad) oder komplizierte Laute durch einfachere ersetzt (Tase statt Tasche). Solch eine Sprechweise kann mit drei Jahren noch völlig normal sein, mit fünf Jahren jedoch gilt dieses Verhalten bereits als sehr auffällig.
Kinder mit Aussprachestörungen folgen eigenen Regeln: Sie ersetzen oder vermeiden spezielle Lautverbindungen, die sie nicht korrekt aussprechen können. Diese müssen aufgespürt und erkannt werden, um daraus eine wirkungsvolle Therapie zu entwickeln.
Wenn die Zunge an den Zähnen klebt
Zu den häufigsten Aussprachestörungen gehört auch das Lispeln oder der so genannte Sigmatismus. Für Kinder empfiehlt sich meist eine frühzeitige Therapie ab ca. fünf Jahren, damit sich die falsche Lautbildung nicht verfestigt. Manche Kinder hören mit dem Lispeln von selbst auf, wenn die Milchzähne ausfallen und die ersten bleibenden Zähne nachwachsen. Fachleute diskutieren daher darüber, ob eine frühe Therapie wirklich notwendig ist. Verändert sich die Sprechweise jedoch nicht von selbst, so haben diese Kinder das Lispeln bereits viele Jahre praktiziert und können es sich nur noch schwer abgewöhnen.
Sie können Ihr Kind mit den folgenden Tipps sinnvoll unterstützen:
- Machen Sie sich nicht über die Aussprache Ihres Kindes lustig
- Tadeln Sie die falsche Aussprache nicht.
- Loben Sie, wenn Ihr Kind Laute richtig bildet.
- Sprechen Sie selber langsam und deutlich.
- Gewöhnen Sie Ihrem Kind das Nuckeln am Daumen oder Schnuller frühzeitig ab.
So fördern Sie Ihr Kind
Gerade in der Zeit von der Geburt bis zur Mitte der Grundschule profitieren alle Kinder ganz besonders von sprachlicher Förderung. In erster Linie geht es dabei um Vorbilder, die selber korrekt sprechen, einen großen Wortschatz haben und sich auf einer emotionalen Ebene mit dem Kind bewegen. Über den persönlichen Kontakt und die liebevolle Korrektur falscher Wortschöpfungen lernen Kinder am besten.
Nutzen Sie auch regelmäßig die Vorsorgeuntersuchungen bei Ihrem Kinderarzt. Im Mittelpunkt der Untersuchungen U4 bis U9 steht unter anderem die Entwicklung der altersgemäßen Sprache. Bei der U9 wird zusätzlich sehr genau auf Schulfähigkeit geachtet, bei der die Ausdrucksfähigkeit eines Kindes ebenfalls eine Rolle spielt. Lassen Sie unbedingt auch die Hörfähigkeit überprüfen, besonders wenn Ihr Kind zu Erkältungen und Mittelohrentzündungen neigt.
Ergänzende Tabelle: So entwickelt sich die Sprache eines Kindes bis zum Schulalter
|
Wortschatz |
Alter |
Schreien und Gurren |
- |
0 Monate |
Lallen |
- |
ca. 2 Monate |
Schmatz- und Zischlaute |
- |
ca. 4 Monate |
|
spielerische Silbenketten (babababab) |
lalalalalal |
ca. 6 Monate |
Echolalie, große Vielfalt an unterschiedlichen Lauten |
Papa, Mama |
ca. 12 Monate |
erste gezielte Wortbildung mit Vokalen und Konsonanten (p, b, m, n) |
brummbrumm, (Einwortsätze), Kind kennt 50 Wörter |
ca. 18 Monate |
weitere Konsonanten kommen hinzu (w, f, t, d) |
Nomen und erste Verben und Adjektive, Zweiwortsätze, Interesse an Liedern |
ca. 24 Monate |
weitere Konsonanten kommen hinzu (g, k, ch, r) |
Wortschatz wird ausgebaut, "ich" kommt hinzu |
ca. 2 ½ Jahre |
weitere Konsonanten kommen hinzu (bl-, kn-, kr-, gr) |
Fragesätze, erste Nebensatzbildung |
ca. 3 Jahre |
Kind beherrscht seine Muttersprache, Schwierigkeiten noch bei Zischlauten (s, z, sch) und schwierigen Konsonantenverbindungen (kl, gl, dr) |
großer Wortschatz, jetzt auch Farben und Pronomen, schwierige und fremde Wörter werden noch falsch ausgesprochen |
ca. 4 Jahre |
alle muttersprachlichen Laute werden beherrscht |
großer Wortschatz, differenziertes Ausdrücken möglich, Grammatik ist gut, Kind kann seine Gedankengänge beschreiben, Plural benutzen und Zeitformen relativ sicher anwenden |
ca. 6 Jahre |