Viele Eltern haben Sorge, ihr Kind zu früh mit dem Tod zu konfrontieren. Gibt es ein "Mindestalter", bis zu dem Eltern das Thema meiden sollten, um ihrem Kind nicht zu schaden?
Gespräche über das Thema Tod können so früh wie möglich geführt werden, aber auch so natürlich wie es nur eben geht. Das "Mindestalter" geben die Kinder mit ihren Fragen meistens selbst vor. Grundsätzlich gilt: Wer fragt ist auch schon reif für eine Antwort. Zum Problem wird die Sache erst, wenn Eltern sich auf die ersten Fragen der Kinder nicht einlassen und sie mit ihnen allein lassen. Es ist wichtig, dass die Eltern selbst als verlässliche Bezugspersonen mit ihren Kindern das Thema Tod zur Sprache bringen. Gerade beim Thema Tod sollte das Feld nicht einfach anderen Erziehenden überlassen werden - ohne Einblick zu haben, was den Kindern dabei nahegebracht wird.
Verliert ein Kind durch die Erfahrung, dass alle Menschen sterben müssen, nicht das Vertrauen in die Eltern, die das Kind bisher vor allem Bösen beschützt haben?
Das Vertrauen wird bei Kleinkindern erst dadurch wirklich gestärkt, dass ihnen auch die enttäuschenden, traurigen Seiten des Lebens zugemutet werden und eben keine heile Welt vorgespielt wird. Eltern sollten nicht in erster Linie vor allem Bösen bewahren, sondern die Kinder für ein Leben trotz Bösem fit machen. Sie sollten die Kinder selbst stark machen gegen alles Böse, das ja auch von den Eltern kommen kann. Das Böse gehört zum Leben, aber das Leben gehört nicht dem Bösen!
Wie verhindert man, dass das Kind anfängt, sich vor seinem eigenen Tod zu fürchten und fortan zaghaft und mutlos durchs Leben geht?
Indem Sie niemals Fragen beantworten, die das Kind gar nicht gestellt hat! Das Kind muss das Tempo selbst bestimmen dürfen und auch, wie intensiv über das Sterben gesprochen wird. Wo der Tod zum Leben dazu gehört, findet das Kind auch die Kraft, das Leben nicht dem Tod zu überlassen. Wenn eine traurige bzw. depressive Phase eine längere Zeit andauert, ist allerdings unbedingt seelsorgerliche oder psychotherapeutische Hilfe angesagt.
Wie können Eltern die Frage "Warum lässt Gott einen Menschen sterben?" beantworten?
Eltern dürfen ruhig ihre Unsicherheit zeigen und zum Beispiel sagen: "Das habe ich mich auch schon oft gefragt! Was denkst du denn darüber?" Eventuell kann man mit älteren Kindern auch verschiedene mögliche Antworten besprechen. Aber in der Regel wollen die Kinder ihre eigene "Lösung" präsentieren und zur Sprache bringen. Wenn sie dafür genügend Raum haben, ist schon viel gewonnen!
Wie kann man mit Kindern anschaulich über unsere Seele sprechen?
Bei der Rede von der Seele bin ich persönlich vorsichtig! Die Vorstellung einer Seele soll ja nicht den Tod als solchen klein reden nach dem Motto "Der Körper ist tot, die Seele lebt weiter...". Christen glauben ja nicht in erster Linie an eine Unsterblichkeit der Seele, sondern an eine Unsterblichkeit der Seele durch die Auferstehung. Über die Seele kann man mit Kindern so reden, dass es mehr gibt als das Körperliche (das aber auch nicht zu verachten und gegen die Seele auszuspielen ist!): Wir leben nicht nur von Essen und Trinken, sondern auch von Zuwendungen, Zärtlichkeiten, Zuneigungen und Zusagen nach dem Motto "Das hat meiner Seele jetzt aber gut getan!". Was der Kinderseele gut tun könnte, darüber sollte man mit Kindern nicht nur beim Thema Tod ins Gespräch kommen. In der Bibel meint die Seele eigentlich unsere Bedürftigkeit, unser Angewiesensein auf etwas anderes bzw. jemand anderen, um gut leben zu können.
Wie kann man ein Kind trösten, wenn es eine wichtige Bezugsperson verliert, wenn also ein Todesfall große Veränderungen im Leben des Kindes nach sich zieht?
Das hängt immer von der gesamten Situation des Kindes ab. Wichtig ist vor allen Dingen, dass man einem Kind nichts einredet, sondern es selbst zum Zug kommen und seine Gefühle ausdrücken lässt. Manchmal helfen so genannte "Übergangsobjekte" wie Plüschtiere, Fotos, Bilder, Kissen oder ähnliches.
Sollte das Kind die Beerdigung als wichtige Etappe des Trauerprozesses miterleben, oder sollte die Erinnerung an die lebendige Person dadurch gewahrt bleiben, dass das Kind weder den Leichnam sieht noch an der Trauerfeier teilnimmt?
Auch bei dieser Frage ist wichtig, was das Kind selbst für Wünsche äußert. Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass es nahezu immer richtig war, das Kind die Beerdigung miterleben zu lassen, um so auch das Verhalten der Eltern, Geschwister und Bekannten besser nachvollziehen zu können. Kinder haben in punkto Leichnam und Friedhof in der Regel weniger Beklommenheit als Erwachsene. Allerdings sollte man sicherstellen, dass das Kind während der Beerdigung nicht auf sich allein gestellt ist. Und es ist gut, wenn es darauf vorbereitet wird, dass Menschen schwarz gekleidet sind und weinen.
Die Fragen stellte Annette Frantz.
kizz Buchtipps
Martina Görke-Sauer: Im Land der Trauer. Abschiedsrituale, Patmos-Verlag, Düsseldorf 2006.
Gertrud Finger: Mit Kindern trauern, Kreuz Verlag, Stuttgart 2001.
Reiner Andreas Neuschäfer: Alles aus!? Zum Thema Trauer, Trost und Hoffnung, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007.