Kinder entwickeln sich zu selbstbewussten und seelisch stabilen Erwachsenen, wenn ihre emotionalen und sozialen Bedürfnisse befriedigt werden. Nur wenn sie sich sicher und geborgen fühlen, wächst ihr Vertrauen in sich und ihre Umgebung. Experimentierfreude, Mut und Lebensfreude kommen von selbst, wenn ein Kind sich angenommen und geliebt fühlt.
Die Basis für den Aufbau eines starken und gesunden Selbstbewusstseins schaffen die Eltern in den ersten Lebensjahren. Hier werden die Weichen dafür gestellt, wie ein Kind sich selbst im Vergleich zu anderen wahrnimmt. Diese Erfahrungen sind entscheidend für die Entstehung einer starken Persönlichkeit. Wenn Kinder Vernachlässigung, Abwertung, Beschämung oder körperliche Gewalt erfahren, verlieren sie rasch den Glauben an sich und ihren Wert. Nur eine liebevolle und authentische Beziehung zum Kind ermöglicht es diesem, sich gemäß seinen Anlagen und Talenten zu entwickeln. Damit das gelingt, brauchen Kinder fünf existenzielle Grundlagen.
1. Grundlage: Liebe, Bindung und Nähe
Kleine Kinder spüren die Liebe und Nähe ihrer Eltern am stärksten über Körperkontakt, gemeinsames Kuscheln und regelmäßige Streicheleinheiten. Je älter Kinder werden, desto eher können Eltern ihre Zuneigung auch in Worten und Gesprächen zum Ausdruck bringen. In schwierigen Situationen, zum Beispiel während einer Krankheit, wenn die Familie umzieht oder bei der Geburt eines Geschwisterkindes, wird deutlich, wie wichtig Berührungen sind. Auch ältere Kinder fordern dann wieder mehr Körperkontakt ein, um die Situation meistern zu können.
Tipp: Erzwingen Sie niemals Körperkontakt und halten Sie Ihr Kind nicht länger im Arm, als es möchte. Weisen Sie Ihr Kind aber auch nicht zurück, wenn es selbst den Kontakt sucht.
2. Grundlage: Verlässlichkeit und emotionale Sicherheit
Das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit entsteht, wenn Kinder stabile Beziehungen erleben. Aber auch, wenn ihr Alltag weitgehend vorhersehbar ist und nicht permanent Überraschungen bereithält. Diese Verlässlichkeit wird in vielen Familien durch Rituale geschaffen. Rituale vermitteln durch ihren immer wiederkehrenden gleichen Ablauf, dass das Leben planbar ist und die Herausforderungen zu bewältigen sind. Feste Gewohnheiten wie zum Beispiel das tägliche Vorlesen vor dem Schlafengehen schaffen Vertrautheit und sorgen dafür, dass Kinder sich behütet fühlen.
Tipp: Vermitteln Sie Ihrem Kind bei jedem Streit, dass Sie es nicht als Person ablehnen, sondern lediglich sein Verhalten kritisieren. Zeigen Sie ihm, dass Sie es auch lieben, wenn sie unterschiedlicher Meinung sind. So lernt Ihr Kind langsam sich abzugrenzen.
3. Grundlage: Zeit und Aufmerksamkeit
Eltern wissen heute wohl am besten, wie kostbar und wertvoll gemeinsame Zeit ist - und wie knapp bemessen. Der Alltag moderner Familien ist häufig bis ins Detail durchgeplant und gemeinsame Unternehmungen müssen nach den Anforderungen von Beruf, Kindergarten und Schule ausgerichtet werden. Da bleibt das familiäre Miteinander oft auf der Strecke. Doch um Selbstbewusstsein entwickeln zu können, müssen Kinder gesehen und gehört werden. Sie brauchen den Austausch mit ihren Eltern, aber auch die Auseinandersetzung, die Reibung, das Lob, regelmäßige Rückmeldungen und Zuwendung.
Tipp: Planen Sie jeden Tag eine gemeinsame Zeit mit der gesamten Familie ein, vielleicht das gemeinsame Frühstück oder Abendessen. Hier ist Gelegenheit, Dinge zu besprechen und sich auszutauschen.
4. Grundlage: Orientierung durch Regeln und Werte
Kinder kommen ohne moralische Wertvorstellungen auf die Welt. Die Regeln der Gesellschaft, in die sie hineingeboren werden, müssen sie erst Schritt für Schritt erlernen. Wie das soziale Miteinander funktioniert, erfahren Kinder von ihren Eltern. Diese vermitteln Regeln, Verbote und Gebote durch ihr eigenes Handeln und durch Gespräche. Erst wenn ein Kind die Regeln und Werte einer Gesellschaft kennt, kann es sich sicher in ihr bewegen und selbstbewusst auftreten.
Tipp: Leben Sie Ihrem Kind Werte vor - so lernt es diese am besten. Helfen Sie zum Beispiel der Nachbarin, die schweren Einkaufstüten die Treppe hochzutragen, und erklären Sie Ihrem Kind, warum Sie das tun.
5. Grundlage: Respekt, Anerkennung, Wertschätzung
Um sich selbst zu mögen, muss ein Kind auch von anderen gemocht werden, in erster Linie von seinen Eltern. Diese sollten seine Stärken und Fähigkeiten ebenso sehen wie seine Schwächen. Nur dann kann es sich zu einem gesunden Menschen mit einem stabilen Selbstbewusstsein entwickeln. Wichtig ist, dass Eltern ihr Kind bedingungslos annehmen - so, wie es ist. Das bedeutet nicht, dass Eltern unerwünschtes Verhalten nicht kritisieren dürfen, ihre Kritik sollte jedoch niemals auf das Kind als Person zielen.
Tipp: Seien Sie gemeinsam kreativ und malen Sie alle zusammen Ihre Familie auf ein Plakat. Das Bild kann in einem Rahmen den Flur, das Wohnzimmer oder die Küche verschönern. Es signalisiert Zusammengehörigkeit.
kizz Buchtipp
Hat Ihnen dieser Buch-Auszug gefallen? Dann lesen Sie mehr darüber, wie Sie die Basis dafür schaffen, dass sich Ihr Kind zu einer selbstbewussten Persönlichkeit entwickelt:
Uta Reimann-Höhn, Stark - na klar! Wie Kinder selbstbewusst und sicher werden. Verlag Herder 2012. 64 Seiten. 8,95 €