Legasthenie und ihre FolgenSo kann geholfen werden

Nicht jedes Kind findet es einfach, lesen und schreiben zu lernen. Sobald aber ein Verdacht auf eine Rechtschreibschwäche vorliegt, sollten Eltern schnell reagieren, denn Legasthenie kann umso einfacher behoben werden, wenn sie bereits im Anfangsstadium erkannt wird.

So kann geholfen werden
© Sneksy - iStock

Wenn Kinder nicht richtig lesen und schreiben können, wird die Schule schnell zur Quälerei. Langsames und stockendes Lesen wirkt sich in fast jedem Schulfach negativ aus, eine mangelhafte Rechtschreibung wird nicht nur im Fach Deutsch sondern meistens auch in den Nebenfächern und Fremdsprachen in die Bewertung mit einbezogen. Die Noten gehen in den Keller - die Schullaufbahn ist gefährdet.

Das müssen rund fünf Prozent aller deutschen Schulkinder Tag für Tag erfahren, denn sie leiden an den Folgen einer Lese- und Rechtschreibschwäche oder Legasthenie. Legasthenie ist nach neusten Definitionen eine Sprachentwicklungsstörung, deren Ursachen unterschiedlich sein können.

Rechtschreibung mangelhaft

Selbst einfache und oft geübte Wörter aus dem Grundwortschatz der ersten Klassen wie "und", "Tag" oder "lesen" können Legastheniker nicht sicher schreiben. Immer wieder überlegen sie aufs Neue, welche Schreibweise die Richtige sein könnte. Das braucht Zeit und kostet Energie und Konzentration. Sie rätseln sich durch Texte und Diktate, immer von der Angst begleitet, doch wieder zu viele Fehler zu machen. Mit der Zeit verlieren sie die Lust am Schreiben und vermeiden diese wichtige Kulturtechnik, wo immer es geht.

Schlüsseltechnik Lesen

Die Rechtschreibschwäche tritt häufig, aber nicht immer, in Kombination mit einer Leseschwäche auf. Das Zusammenziehen der Buchstaben zu Silben und später zu Wörtern gelingt nicht in angemessenem Tempo. Das Lesetempo der Kinder ist extrem langsam. Wenn das technische Lesen dann endlich gelingt, der vorgelesene Text also richtig klingt, kommt eine zweite Anstrengung hinzu. Nun muss das Kind auch den Sinn hinter den gelesenen Wörtern erfassen. Diese doppelte Leistung gelingt Legasthenikern nicht spielerisch, sondern kostet sie große Anstrengung.

Frühe Diagnostik und Förderung ist sinnvoll

Mit neueren Testverfahren wie der "Hamburger Schreibprobe" oder dem "Bielefelder Screening" können Risikokinder schon ab der ersten Klasse oder sogar im Kindergarten identifiziert werden. Spezielle Programme zur Förderung von auditiver und visueller Wahrnehmung verhelfen ihnen erwiesenermaßen zu einem besseren Schulstart und verringern eine starke Ausprägung der Legasthenie. Die Probleme mit der Schriftsprache sind bei allen Legasthenikern ähnlich, doch die Ursachen können durchaus von Kind zu Kind unterschiedlich sein. Deshalb muss auch eine Förderung immer an das einzelne Kind angepasst werden.

Ursachen für eine Legasthenie können bspw. Wahrnehmungsstörungen im Bereich des Sehens und des Hörens sein, Aufmerksamkeitsstörungen, psychosoziale Schwierigkeiten oder Merkschwächen.

Lob statt Kritik

Das legasthene Kind leidet immer unter seinen schulischen Schwierigkeiten, auch wenn es das vielleicht eine ganze Weile gut überspielen kann. Da Legastheniker nicht dumm sind, merken sie schnell, dass ihre Leistungsanstrengungen sie bei weitem nicht so weit bringen wie ihre Freunde und Klassenkameraden. Das ist eine frustrierende und demotivierende Erfahrung.

Leistungsdruck und Vorwürfe bringen weder die Eltern noch das Kind weiter. Stattdessen gilt es, jede Anstrengung des Legasthenikers zu loben, egal ob sie eine gute oder eine schlechte Note einbringt. Da das Selbstbewusstsein der Kinder oft schon vor der Diagnose der Legasthenie gelitten hat, ist es wichtig, die Persönlichkeit zu stärken. Ein Kind ist nie nur Schulkind, es hat immer auch Interessen, Talente und Hobbys, an denen es wachsen und sich beweisen kann.

Was Eltern tun können

Neben dem absolut notwendigen liebevollen und verständnisvollen Umgang mit ihrem Kind können Eltern viel mit ihren Kindern lesen und spielen. Brettspiele, Sport und ein liebevolles Miteinander fördern nahezu nebenbei wichtige Wahrnehmungsfähigkeiten. Das Kind fühlt sich nicht abgelehnt, sondern erfährt Zuwendung und Unterstützung im wichtigen familiären Lebensfeld. Das eigentliche Arbeiten an der Legasthenie sollten die Eltern Fachleuten überlassen.. Nur mit Nachhilfe lassen sich die Probleme nicht lösen.

Legasthenie in der Schule

Die Regeln zum Umgang mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben in der Schule sind in den Erlassen der jeweiligen Bundesländer festgelegt. So kann in den meisten Ländern die Rechtschreibnote ausgesetzt werden, wenn eine entsprechende Förderung durch die Schule oder einen Lerntherapeuten nachgewiesen wird. Diese Regel bezieht sich auf alle Schulfächer, so dass eine Entlastung des Kindes beispielsweise auch in den Fremdsprachen möglich ist. Im Sinne eines Nachteilsausgleiches kann ein legasthenes Kind auch mehr Zeit für seine schriftlichen Arbeiten zugestanden bekommen und technische Hilfsmittel (zum Beispiel einen Kassettenrecorder oder einen PC) benutzen.

Lerntherapie / Legasthenietherapie

Wenn die Förderung in der Schule nicht ausreichend ist, kann das Kind in einer Lerntherapie seine Lese- und Rechtschreibleistungen gezielt verbessern. Pädagogen oder Psychologen bieten individuelle Förderung an. Eltern sollten unbedingt auf einen qualifizierten Abschluss achten und sich über das Konzept der jeweiligen Einrichtung informieren. Unter bestimmten Umständen können Eltern eine Kostenerstattung der Lerntherapie über das örtliche Jugendamt erhalten (KJHG §35a).

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