Leo ist Linkshänder. Das wissen seine Eltern schon lange. Bereits mit zwei Jahren hat sich Leo unbewusst auf links festgelegt. Mit der linken Hand hielt er den Löffel, ordnete Perlen in der Dose, hob im Wald die Tannenzapfen auf. Nach und nach perfektionierte Leo den Gebrauch seiner dominanten Hand, wie das alle Vorschulkinder tun. Seine Eltern machten kein großes Aufhebens um die Angelegenheit, nur eine Linkshänderschere schafften sie ihm an, damit er gut schneiden lernen konnte. Leos Oma allerdings schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als sie Leos Linkshändigkeit entdeckte.
"Nur Nachteile wird das Kind haben. Und wie furchtbar das aussieht!" Wäre es nach ihr gegangen, wäre das Kind gleich umgeschult worden. Leos Eltern aber, eine Generation jünger, wissen, dass man einen kleinen Linkshänder auf keinen Fall umschulen, sondern im Gebrauch seiner Lieblingshand unterstützen soll. Forschungen haben ergeben, dass die Umschulung eines Linkshänders im Gehirn unter Umständen große Verwirrung und Überforderung auslöst, was Lernschwierigkeiten und seelische Probleme zur Folge haben kann. Deshalb haben Leos Eltern richtig entschieden, ihren Sohn in seiner Linkshändigkeit zu unterstützen und Oma zu bitten, sich in diesem Punkt zurückzuhalten.
Den Kontakt zur Lehrerin suchen
Inzwischen ist Leo sechs Jahre alt, steht kurz vor der Einschulung, und seine Eltern machen sich Gedanken, wie es in der Schule mit Leos Linkshändigkeit weitergeht. Solche Überlegungen sind sinnvoll, denn je besser Eltern über Möglichkeiten und Hindernisse von Linkshändern Bescheid wissen, desto weniger wird Linkshändigkeit überhaupt zum Problem.
Nachdem Leo eingeschult worden ist, sucht seine Mutter den Kontakt zur Klassenlehrerin. Sie fragt die Lehrerein, ob sie schon gemerkt hat, dass Leos Linkshänder ist. In diesem ersten Gespräch wird sie ein Gespür dafür bekommen, wie sensibilisiert Leos Lehrerin für das Thema Linkshändigkeit ist. Wenn sie informiert und interessiert ist, kann Leos Mutter sich freuen, denn dann wird die Pädagogin die richtigen Maßnahmen von selbst ergreifen. Wirkt sie aber eher überfordert, sollte Leos Mutter ihr vorsichtig erklären, worauf es beim Umgang mit Leos Linkshändigkeit ankommt. Und nur wenn die Lehrerin gar nicht zur Kooperation bereit ist, was heutzutage eigentlich nicht mehr vorkommt, sollten Leos Eltern sich an die Schulleitung wenden.
Für optimale Lernbedingungen sorgen
Hat mein Kind an seinem Platz genügend Licht?
Die Klassenzimmer sind in der Regel so ausgerichtet, dass das Licht für die Schüler von links kommt, wenn sie alle zum Lehrerpult gewandt sitzen. Für Rechtshänder ist das optimal. Kleine Linkshänder sollten bei solch einer Konstellation möglichst nah am Licht sitzen, im besten Fall kommt für sie das Licht von rechts.
Sitzt mein Kind am Zweiertisch links?
In der Regel sitzen Linkshänder neben Rechtshändern. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind dann auf der linken Seite sitzt, damit die beiden sich beim Schreiben nicht ständig anstoßen und behindern.
Lernt mein Kind die richtige Schreibhaltung
Linkshänder sollten von Anfang an lernen, locker und flüssig zu schreiben und die Hand so zu halten, dass sie das Geschriebene nicht gleich wieder verwischt. Im ersten Schuljahr, wenn Kinder noch mit dem Bleistift schreiben, fällt eine falsche Schreibhaltung noch nicht ins Gewicht, aber spätestens mit der Einführung des Füllers werden Linkshänder mit einer falschen Schreibhaltung Probleme bekommen. Um nicht zu schmieren, müssen sie ihre Hand unnatürlich verrenken.
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Die richtige Schreibhaltung lässt sich am besten einnehmen, wenn das Heft in einem 30 Grad-Winkel links nach oben gekippt wird. Es liegt vom Kind aus gesehen etwas links von der Körpermitte. Den Stift hält das Kind mit drei Fingern (Dreipunktgriff), er sollte in Richtung des linken Ellebogens zeigen. Die Hand liegt mit allen Fingern immer unter dem Geschriebenen.
Viele linkshändige Kinder erlernen die richtige Handhaltung mit dem so genannten Dreipunktgriff leichter, wenn sie vorübergehend Schreibhilfen verwenden, die man auf die Stifte aufstecken kann. Hier gibt es unterschiedliche Produkte. In einem gut sortierten Schreibwarenladen gibt es eventuell die Möglichkeit, sie auszuprobieren. Ansonsten werden sie von diversen Linkshänder-Versandhändlern angeboten.
Damit das Heft im richtigen Winkel liegt, empfiehlt sich eine Schreibunterlage, die den Winkel markiert (s. Literaturverzeichnis). Oder aber Sie kleben einen schmalen Moosgummistreifen als Orientierungslinie auf den Schreibtisch.
Spezielle Unterstützung für kleine Linkshänder
- Bei den klassischen Schreiblernkursen in der ersten Klasse stehen die Beispielwörter am linken Rand der Seite. Linkshänder halten sie sich also immer zu. Bitten Sie den Lehrer, die Wörter für Ihr Kind an den rechten Rand zu schreiben, oder tun Sie es selbst.
- Viele Kinder, die schreiben lernen, besonders aber Linkshänder, verdrehen gerne die Ausrichtung der Buchstaben, schreiben also in Spiegelschrift. Das ist bis in die zweite bis dritte Klasse ein normales Phänomen, das in der Regel von selbst verschwindet, ganz ohne Druck. Unterstützen Sie Ihr Kind lieber in allem was es lernt und leistet, besonders als Linkshänder. Es ist jetzt so lernbegierig und offen für alles Neue.
- Wenn Ihr Kind in der zweiten und dritten Klasse in die handarbeitlichen Techniken eingeführt wird, ist es wichtig, Ihrem Kind diese Tätigkeiten mit links beizubringen. Hier ist unter Umständen eine Rücksprache mit der Handarbeitslehrerin sinnvoll.
- Lernt Ihr linkshändiges Kind ein Instrument, sollten Sie im Hinterkopf haben, dass es sich vielleicht mit Instrumenten, die klassisch für eine dominante rechte Hand ausgelegt sind, schwer tun wird. Mit vielen Instrumenten kommen aber auch Linkshänder gut zurecht, andere lassen sich umbauen.
Materialien für Linkshänder
Es gibt viele Utensilien, die Linkshändern den Alltag erleichtern. Wichtig sind richtige Materialien für die Schule wie Linkshänder-Schere, -Anspitzer und -Lineal. Auch wird ein kleiner Linkshänder mit einem Linkshänder-Taschenmesser lockerer und unverkrampfter schneiden und schnitzen können als mit einem normalen. Inzwischen können Sie über den Versand viele Linkshänder-Utensilien beziehen: Kartoffelschäler, Fischbesteck, Korkenzieher, Küchenmesser, diverse Sportgeräte und vieles mehr. Grundsätzlich sollten Sie nach der Linkshänder-Beraterin Sylvia Weber folgende Devise beherzigen: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Die schulische Ausrüstung sollte optimal auf einen kleinen Linkshänder zugeschnitten sein. Viele weitere Utensilien erleichtern zwar den Alltag, bergen aber auch die Gefahr, von der eigenen Ausrüstung abhängig zu werden. (Die Adressen von Linkshänder-Versandfirmen finden Sie in der Fachliteratur oder im Internet.)
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Beratungsstellen
Die Beratungsstellen helfen Ihnen zu klären, ob Ihr Kind wirklich Linkshänder ist. Sie unterstützen auch bei Fragen und Problemen zum Umgang mit der Linkshändigkeit. Die Adressen regionaler Beratungsstellen finden Sie in der Fachliteratur oder im Internet.
Die bekannteste Beratungsstelle führt die anerkannte Linkshänder-Expertin Johanna B. Sattler:
Erste deutsche Beratungs- und Informationsstelle für Linkshänder und umgeschulte Linkshänder
Dr. Johanna Barbara Sattler
Sendlinger Str. 17
80331 München
Tel. / Fax: 089 / 26 86 14
www.lefthander-consulting.org
E-Mail: info@lefthander-consulting.org