Wenn man den Umfragen zur Beliebtheit einzelner Schulfächer glauben darf, haben Sie wahrscheinlich schlechte bis sehr schlechte Erfahrungen mit den Fächern Chemie und Physik gemacht. Sie durften selbst keine Experimente durchführen, haben die Naturwissenschaften als unverständliche, graue Theorie erlebt und wollen nie wieder etwas mit ihnen zu tun haben. Doch Ihren Kindern und Ihnen zuliebe sollten Sie Ihre negativen Erfahrungen vergessen und sich gemeinsam mit Ihrem Kind an ganz einfache Experimente heranwagen.
Kinder haben ein ursprüngliches Interesse
"Der Beginn aller Wissenschaft ist das Staunen, dass die Dinge so sind, wie sie sind." Dies erkannte Aristoteles vor mehr als 2000 Jahren. Tatsächlich ist das Staunen auch der Beginn der Naturwissenschaft, denn es führt zu einer Unmenge von Fragen nach dem Wie und Warum. Und gerade Kinder können noch so richtig staunen. Lange Zeit galten die Naturwissenschaften aufgrund ihrer Komplexität als ungeeignet für Kinder. Entsprechend spät fängt der Schulunterricht in Physik und Chemie an - und das ist schade! Denn nie wieder zeigen Kinder ein so starkes Interesse an naturwissenschaftlichen Fragen wie im Vor- und Grundschulalter. In dieser Zeit beobachten sie die Welt um sich herum sehr genau und wollen alles ergründen und verstehen. Zwar werden schon im Kindergarten Phänomene der belebten Natur vermittelt - das Wachstum der Pflanzen, das Leben der Tiere - die Phänomene der unbelebten Natur fristen jedoch ein Schattendasein. Wenn die Schulfächer Physik und Chemie dann eingeführt werden, ist das große Interesse aus Kindertagen oft schon verloschen. Deshalb sollten sich Eltern von der Vorstellung befreien, Naturwissenschaften bestünden aus Fakten und Formeln, für die es im Vorschulalter noch zu früh ist. Die Kinder sind gerade jetzt im richtigen Alter, um über kleine, einfache Experimente zu staunen und sich auf den Weg zu den Naturwissenschaften zu machen.
Sie werden erleben, dass Sie Ihrem Kind und sich selbst einen spannenden Erlebnisbereich sowie ganz nebenbei auch einen wichtigen Bildungsbereich eröffnen - und außerdem eine Menge Spaß haben. Aber überzeugen Sie sich selbst und probieren Sie als erstes folgendes Experiment aus:
kizz Experiment
Teebeutelrakete
Material:
- Teebeutel
- zwei Unterteller
- Schere
- Feuerzeug
Durchführung:
Erzählen Sie während des Experiments folgende kleine Geschichte:
Die Schildbürger haben ihre erste Rakete entwickelt. Sie schleifen sie zum Startplatz. (Teebeutel auf einen Unterteller "schleppen".)
Die Schildbürger zählen: "Drei, zwei, eins... null!" - nichts passiert. Da fällt den Schildbürgern ein: "Na klar, wir haben ja vergessen, die Transportvorrichtung abzubauen." (Heftklammer, Faden und umgeknickten Teil des Teebeutels mit einem geraden Schnitt abschneiden und den Teebeutel auf den Unterteller zurücklegen.)
Sie zählen wieder: "Drei, zwei, eins... null!" - nichts passiert. "Na ja", sagen sich die Schildbürger, "vielleicht haben wir doch zu viel Ladung in die Rakete gepackt". (Den Tee aus dem Beutel auf den zweiten Unterteller schütten. Dann den Teebeutel zu einem Schlauch formen und aufrecht auf den Unterteller stellen.)
"Oh, klasse, jetzt sieht es schon viel mehr nach Rakete aus!", rufen die Schildbürger und zählen wieder: "Drei, zwei, eins... null!" - nichts passiert. Nun sind die Schildbürger so frustriert, dass sie beschließen, die ganze Sache einfach anzuzünden. (Teebeutel-Schlauch oben anzünden und abwarten, bis er abgebrannt ist. Kurz bevor das Feuer erlischt, steigt die Asche des Teebeutels nach oben, mit ein wenig Glück bis zur Zimmerdecke. Die Asche wird am besten direkt wieder mit dem Teller aufgefangen.)
Erklärung:
Warme Luft steigt nach oben. Jedes Feuer bildet einen so genannten "Kamineffekt": Die Luft im Feuer heizt sich auf, dehnt sich aus, wird dadurch leichter als die Umgebungsluft und steigt über dem Feuer nach oben. Da diese Luftströmung nicht sofort mit dem Erlöschen des Feuers zusammenbricht, steigt die Teebeutel-Asche oft bis unter die Decke, zumindest wenn kein Luftzug im Zimmer den Kamineffekt stört (am besten also Fenster und Türen schließen).
Wahrscheinlich hat die Teebeutelrakete auch Sie und Ihr Kind fasziniert und einige Fragen ausgelöst. Fragen, die direkt zu den Naturwissenschaften Chemie und Physik führen, denn die Verbrennung und die Wärmeentwicklung sind chemische Reaktionen, das Fliegen der Asche ein physikalischer Vorgang. Und dieser Versuch hat deutlich gemacht, dass Experimente weder einen hohen Aufwand noch besondere Materialien benötigen, sondern lediglich etwas Zeit und die Begeisterung der Experimentatoren. Auch schulgeschädigte Eltern haben so die einmalige Chance, zusammen mit ihren Kindern wieder begeisterte Naturforscher zu werden.