Wie sieht es denn hier wieder aus! Manuels Mutter hat das pure Chaos vor Augen. In einer Ecke des Kinderzimmers ein unfertiges Lego-Bauwerk, dazwischen die Strümpfe des Erbauers. In der anderen Ecke Papierstapel, Stifte, ein angefangenes Bild, ein paar Kastanien. Auf dem Tisch eine Flasche Klebstoff, deren Inhalt auf die Platte tropft, der Teppich übersät mit Bilderbüchern, Spielzeugautos, Bausteinen in Vereinigung mit einem angebissenen Butterbrot. Und mitten in dem Durcheinander, wie ein kleiner König, ihr Sohn. Als er das Entsetzen seiner Mutter bemerkt, blickt er sich irritiert im Raum um und registriert scheinbar erst jetzt das Chaos. "Ich räume gleich auf, Mama!".
Kinder und Chaos scheinen untrennbar zusammenzugehören. Doch das ist kein böser Wille: Die meisten Kinder fühlen sich im selbst geschaffenen Tohuwabohu gar nicht besonders wohl. Bis ins Vorschulalter hinein sind sie allerdings schlicht damit überfordert, Ordnung zu halten. Sie brauchen dabei noch die Hilfe ihrer Eltern.
Ordnung macht ordentlich
Die wichtigste Bedingung fürs Ordnunghalten ist ein Zimmer mit genügend Stauraum. Schränke und Regale für Kleidung, Spiele und Bücher, Utensilos, Kisten und Kästen für den vielen Kleinkram, den ein Kind so heranschleppt und um sich haben will. Wenn alles durcheinander in der großen Kramkiste liegt oder als unübersichtlicher Berg den Schrank füllt, fehlt dem Kind der Überblick. Es wird vielleicht alles herausreißen, um erst einmal das Angebot zu sichten, und dann doch nicht damit spielen. Unordnung entmutigt. Hat jedoch jeder Gegenstand seinen festen, überschaubaren Platz, kann das Kind entscheiden, was es sich auswählt.
Als Faustregel gilt: Dinge, mit denen das Kind häufig spielt, müssen in erreichbarer Höhe aufbewahrt werden, Dinge, mit denen das Kind selten oder gar nicht spielt, kommen in die oberen Regal-Etagen oder gar in den Keller. Oft werden Spielsachen, die eine Weile aus dem Gesichtskreis verschwunden waren, plötzlich wieder interessant.
Ein übersichtliches, ordentliches Zimmer hilft dem Kind nicht nur Ordnung zu halten, sondern fördert auch die Lust am Spielen: Das Kind braucht deutliche Strukturen, um sich in der Welt zurechtzufinden, und das gilt auch für sein Spiel-Umfeld.
kizz Ordnungs-Tipps
- Chaos darf sein: Es ist unvermeidbar, dass bei oder nach einem phantasievollen Spiel die Spielsachen wild herumliegen. Wichtig ist nur, dass nach dem Spiel - oder abends - alles an seinen Platzt kommt.
- Sorgen Sie für genügend Platz und Stauraum im Kinderzimmer. Schaffen Sie Stammplätze für die Spielsachen.
- Lassen Sie Ihr Kind, wenn es noch klein ist, mit der schweren Aufgabe des Aufräumens nicht allein. Wie alles andere lernt Ihr Kind auch das Ordnung halten am besten mit Ihrer Unterstützung - und durch Ihr Vorbild.
- Seien Sie zurückhaltend mit der Ankündigung von Belohnungen oder Bestrafungen. Viel wirkungsvoller als Worte sind die Konsequenzen, die das Kind aus seinem Handeln selbst erfährt.
In manchen Familien ist es üblich den Kindern beizubringen, erst ein Spielzeug wegzuräumen, bevor das nächste genommen wird. Das ist konsequent, schränkt aber die Spielfreude ein. Kinder versinken in ihrer Spielwelt, bekommen spontane Ideen, lassen die Duplo-Männchen zusammen mit der Barbie Eisenbahn fahren und basteln der Puppe dafür noch ein schönes Kleid aus Papier. Wenn das Kind so phantasievoll spielt, muss es all seine Schätze, die für die Spieldramaturgie nötig sind, verfügbar haben. Doch nach dem Spiel, spätestens am Abend, gehört alles an seinen Platz.
Ein Spiel: Sachen wegpacken
Bis ins Schulalter hinein braucht das Kind die Unterstützung seiner Eltern, um nach dem Spiel die Ordnung wieder herzustellen. Je jünger das Kind, desto spielerischer soll die abendliche Aufräumaktion sein: Die Puppen werden, vielleicht sogar mit einem kleinen Gutenachtlied, liebevoll in ihre Betten gebracht, die Autos fahren in die Garage, mit den Duplo-Steinen gibt es ein Wettwerfen in die große Kiste. Geniale Eltern haben folgenden Trick verraten: Die Mutter oder der Vater "verkaufen" die herumliegenden Dinge für Spielgeld, und ihre Kinder bringen fröhlich und ganz ohne Murren all die Sachen an ihren Platz. Es ist wichtig, dem Kind das Aufräumen als eine positive Angelegenheit zu vermitteln. Wenn die Eltern beim Aufräumen meckern und schimpfen - wer könnte es den Kindern verdenken, wenn sie keine Lust dazu haben und sich am liebsten davor drücken? Darum: Nehmen Sie sich Zeit fürs spielerische Aufräumen und sorgen Sie dabei für eine freundliche und entspannte Atmosphäre.
Natürlich geht es schneller, wenn Sie selbst die Dinge an ihren Platz räumen, aber Ihr Kind bringen Sie damit um ein wichtiges Lernziel: Irgendwann verlangt ihm das Leben ein gewisses Maß an Ordentlichkeit ab, und je früher es das als selbstverständlich verinnerlichen konnte, desto leichter fällt es ihm später.
Nach und nach, wenn Ihrem Kind das Forträumen seiner Sachen in Fleisch und Blut übergegangen ist, können Sie sich aus dem Aufräum-Ritual zurückziehen. Sie merken, wenn Ihrem Kind das Aufräumen leicht von der Hand geht: Dann kann es das allein schaffen und auch die Verantwortung dafür übernehmen.
"Wenn du nicht aufräumst, dann ..."
Natürlich gibt es auch bei Kindern, die sonst gern und routiniert Ordnung halten, immer wieder Phasen, in denen sie keine Lust zum Aufräumen haben. In vielen Familien ist in diesem Fall das berühmte "Wenn ... dann" zu hören. "Wenn du nicht aufräumst, dann gehen wir nicht in den Zirkus." Oder: "Wenn du aufräumst, dann bekommst du die Bibi-Blocksberg-CD." Oder irgend ein anderes "Dann". Für ein Kind ist eine solche Drohung oder Lockung unverständlich, denn es gibt keine Kausalität zwischen der Aufgabe, die von ihm verlangt wird, und der angekündigten Strafe oder Belohnung. Das Kind wird sich vielleicht einschüchtern lassen und tatsächlich seine Siebensachen ordentlich wegräumen, aber was bewirkt das außer einem aufgeräumten Zimmer an diesem Tag? Das Gegenteil: Wenn Eltern allzu häufig mit Bestrafung drohen oder Belohnung ködern, wird das Kind das eigentliche Ziel seiner Aufgabe aus den Augen verlieren und sie nur erledigen, um der Strafe zu entgehen oder belohnt zu werden.
Verstehen kann ein Kind allerdings die Konsequenz, die mit seinem Handeln zusammenhängt: Wenn es seinen Tisch unordentlich hinterlässt, dann kann die Mutter mit ihm morgen nicht die Laterne basteln. Wenn es vergisst, seinen Ranzen zu packen, wird ihm in der Schule garantiert etwas Wichtiges fehlen. Und wenn das Kind die getragene Kleidung auf dem Boden herumliegen lässt anstatt sie in den Wäschekorb zu befördern, dann dauert es eben noch eine ganze Weile, bis das Lieblingskleid wieder gewaschen im Schrank hängt.