Schläge schaden jedemHilfe bei Gewalt gegen Kinder

Kinder zu schlagen ist nie eine Lösung. Wenn Kinder geschlagen werden, haben die Eltern die Kontrolle verloren und sollten sich dringend Hilfe holen. Kinder die geschlagen werden, erleiden schlimme seelische und auch körperliche Schäden.

Schläge schaden jedem: Hilfe bei Gewalt gegen Kinder
© geralt - Pixabay

Renate Schetzkens, Annegret Schulte und Ulrike Rohm arbeiten als Diplompädagogin, Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin beim Deutschen Kinderschutzbund Lahn/Dill. Sie sitzen am "Elterntelefon", beraten Familien in Konfliktsituationen, geben therapeutische Begleitung für Kinder in Trennungsfamilien und halten Vorträge und Kurse zur gewaltfreien Erziehung.

Über viele Generationen hinweg galten Schläge als normales Erziehungsmittel. Warum beurteilen wir das heute anders?
Annegret Schulte: Früher war es auch mal selbstverständlich, dass Männer ihre Frauen schlugen und Herren ihre Knechte. Bei den Erwachsenen ist uns schon lange klar, dass Prügel gegen die Menschenwürde verstoßen. Und das muss natürlich auch für Kinder gelten.

Hängt das auch damit zusammen, dass wir die Folgen von Gewalt in der Erziehung besser kennen?
Renate Schetzkens: Inzwischen wissen wir, welche negativen Auswirkungen Schläge haben: Sie führen zu einem negativen Selbstwertgefühl, zu Angst und Depressionen. Geschlagene Kinder werden selbst aggressiv und schlagen dann auch wieder die eigenen Kinder.

Aber manche Eltern behaupten: "Wir sind auch geschlagen worden. Und uns hat das auch nicht geschadet!"
Annegret Schulte: Es hat ihnen aber geschadet. Die meisten Menschen wollen die eigenen Eltern als gute Eltern sehen und nehmen sie gegen Kritik in Schutz. Wenn sich die Betroffenen aber auf tiefere therapeutische Prozesse einlassen, wird offenbar, wie viel Leid und Schmerz sie als Kinder erfahren haben. Wenn solche Sätze bei uns in den Beratungsgesprächen fallen, versuchen wir, darauf einzugehen. Und zu schauen, wie es wirklich war.

Fällt es den Eltern schwer, die eigenen Erfahrungen und das eigene Verhalten zu reflektieren?
Ulrike Rohm: Wenn Eltern immer noch glauben, dass Schläge einen berechtigten Platz in der Erziehung haben, ist es schwieriger, mit ihnen zu arbeiten. Da müssen wir erst einmal Überzeugungsarbeit leisten. Wenn Eltern dagegen im Affekt ihre Kinder schlagen, obwohl sie das nicht wollten, sind sie offener für eine Beratung. Dann kann man gemeinsam nach besseren Lösungen suchen.

Welche besseren Lösungen gibt es denn da?
Renate Schetzkens: Das ist in jeder Familie anders. Und wir versuchen, das gemeinsam mit den Eltern herauszufinden. Manche Mütter schlagen ihre Kinder einfach aus Überforderung. Dann suchen wir behutsam nach Möglichkeiten, wie sie Entlastung finden können. Andere bestrafen ihre Kinder, weil sie Spannungen in der Paarbeziehung haben. Wenn ihnen das im Gespräch hier klar wird, können sie sich mit dem Partner auseinandersetzen und brauchen ihre Wut nicht mehr an den Kindern auszulassen. Oft finden die Eltern die Lösung ganz allein: Ich kenne eine Mutter, die immer, wenn sie geladen ist, nach draußen geht und Holz hackt.

Viele Eltern scheinen heute nicht zu wissen, wie sie in der Erziehung klar und bestimmt sein können, ohne zur Gewalt zu greifen.
Ulrike Rohm: Seltsamerweise sind die Eltern, die ihre Kinder schlagen, oft dieselben, die ihre Kinder dann wieder verwöhnen. Das Gegenteil ist eine konsequente, verlässliche Erziehung. Eine Erziehung, in der eine Familie klare Regeln und Vereinbarungen trifft. In einer solchen Familie werden die Kinder nicht durch Strafen erniedrigt, sondern lernen aus den natürlichen Folgen und logischen Konsequenzen ihres Handelns.

Wie sieht konsequente Erziehung im Familienalltag denn konkret aus?
Annegret Schulte: Ich kann ein Beispiel dafür nennen: Da war ein Kind, das sich weigerte, die Zähne zu putzen. Die Mutter erklärte ihm, dass Süßigkeiten die Zähne schädigen und die Zähne deshalb geputzt werden müssen. Dann stellte die Mutter es vor die Wahl: Zähneputzen oder keine Süßigkeiten. Nach drei Tagen hat sich das Kind dann für das Zähneputzen entschieden. Das Kind ist somit nicht durch erniedrigende Strafen gezwungen worden, sondern es hatte die Wahl, seine Angelegenheiten zu beeinflussen.

Welche Hilfen bieten Sie als Mitarbeiterinnen des Kinderschutzbundes Eltern an?
Renate Schetzkens: Wie viele Beratungsstellen des Kinderschutzbundes haben wir ein Elterntelefon, das Eltern in schwierigen Situationen anrufen können. Manche Familien begleiten wir in vielen Gesprächen über längere Zeit. Da geht es um alle Fragen der Erziehung, sehr häufig vor allem um die Situation der Kinder in Trennungs- und Scheidungsfamilien. Das Thema Schläge kommt auch vor, ist aber nicht vordergründig. Außerdem bieten wir überall in Deutschland für alle Eltern den Kursus "Starke Eltern, starke Kinder" an. Das ist ein Kursus, in dem Eltern unterstützt werden, eine Familie zu sein, in der alle gerne leben, in der gestritten wird, ohne das Gegenüber niederzumachen, in der Grenzen und Menschen respektiert werden. Er läuft jetzt schon mehrere Jahre und wird immer wieder voll.

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