Sie wickeln Säuglinge, schieben Kinderwagen, gehen zu Elternabenden. Die Welt der Väter ist im Wandel. Erziehungswissenschaftler sprechen sogar von einer sanften Revolution des Vaterschaftskonzeptes. Anders als frühere Generationen begleiten die so genannten "neuen Väter" ihre Partnerinnen zu Geburtsvorbereitungskursen und in den Kreißsaal. 91 Prozent der deutschen Männer nehmen heute an der Geburt ihres Kindes teil. Und zwei Drittel verstehen sich in erster Linie als Erzieher ihrer Kinder und nicht mehr primär als Brotverdiener. Statt auf die Rolle des materiellen Versorgers beschränkt zu werden, möchten sie für ihre Kinder eine vollwertige Bezugsperson sein.
Die Wissenschaft gibt ihnen Recht: Väter haben eine große Bedeutung für die Entwicklung ihres Nachwuchses. So hat eine Langzeitstudie in den USA gezeigt, dass sie einen direkten Einfluss auf die Berufswahl, das Selbstwertgefühl und das Sozialverhalten ihrer Kinder haben. Psychologen betonen die Funktion des Vaters als männliche Identifikationsfigur und bescheinigen ihm einen entscheidenden Anteil an der Entwicklung der Geschlechtsrolle besonders bei ihren Söhnen.
Die Folgen der Abwesenheit von Vätern
Andere Untersuchungen beschäftigen sich mit den möglichen Folgen von der Abwesenheit der Väter: So stellte man fest, dass im Krieg geborene Kinder, die in den ersten sechs Lebensjahren Kontakt zum Vater hatten, bis ins Erwachsenenalter hinein deutlich weniger anfällig für psychische Erkrankungen sind, als ihre kriegsbedingt vaterlos aufgewachsene Altersgenossen. Und auch auf die Leistungsfähigkeit ihrer Kinder scheinen Väter Einfluss zu haben: Neun Monate alte Kinder wurden von Psychologen im freien Spiel beobachtet. Diejenigen, die von beiden Elternteilen gleichwertig betreut wurden, stuften die Wissenschaftler durchweg als weiter entwickelt ein.
Nicht besser, sondern anders
Väter gehen mit ihren Kindern anders um als Mütter. Damit stellen sie eine Ergänzung dar, die - vereinfacht formuliert - den Horizont der Kinder erweitert, sie um bestimmte Erfahrungen reicher macht, ihrer Entwicklung zugute kommt.
Schon im Umgang mit Neugeborenen unterscheiden sich Frauen und Männer: Mütter halten beispielsweise sehr engen Körperkontakt mit ihrem Baby, während Väter sich eher distanziert und spielerisch dem Säugling nähern. Sie schneiden Grimassen oder stimulieren das Baby durch Laute und Bewegungen. Einfach nur dazusitzen mit ihrem Kind im Arm, scheint Männern nicht zu liegen.
Das setzt sich fort, wenn die Kinder älter werden: Ob Ball werfen, auf Bäume klettern oder Fahrrad fahren - für Sport und Spiel ist Papa zuständig. Väter betonen Motorik und Körperlichkeit wesentlich stärker als Mütter. Sie toben mit ihren Kindern, veranstalten kleine sportliche Wettkämpfe und fördern die Selbstständigkeit. Dabei differenzieren sie bereits sehr früh zwischen Jungen und Mädchen: Zu ihren Töchtern sind sie behutsamer, vorsichtiger und helfender; Söhnen gegenüber verhalten sich Väter eher fordernd und weniger nachgiebig.
Nicht Quantität, sondern Qualität
Halten wir fest: Väter tun ihren Kindern gut. Doch auch das ist eine Tatsache: Die gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, um Geld verdienen und Kinder erziehen unter einen Hut zu bekommen, stimmen noch nicht. Vom Beruf stark eingebundene neue Väter mag jedoch ein Ergebnis der eingangs erwähnten Langzeitstudie aus den USA trösten: Wenn Väter sich mit ihrem Nachwuchs beschäftigen, geht Qualität nämlich über Quantität. Auf die "gefühlte Anwesenheit" kommt es an, daher gilt: Lieber einmal intensiv, als häufig zwischen Tür und Angel.
Intensiv könnte zum Beispiel bedeuten, dass Vater und Kind ohne Zeitdruck (und ohne dass der Papa gleichzeitig etwas anderes tut!) miteinander spielen oder ein Problem besprechen. Intensiv bedeutet auch, dass Papa nicht zum unbekannten Wochenend-Wesen mutiert: Er sollte seinen Kindern zum Beispiel erklären, was er beruflich macht. So lässt er sein Kind an seinem Leben teilhaben und bietet Einblicke in die Zeit, in der er nicht zu Hause ist. Umgekehrt ist es wichtig, den Kindern das Gefühl zu vermitteln, dass ihr Vater sich für ihr Leben interessiert: Weiß er, wie der beste Freund seines Sohnes heißt? Oder welche Sendungen seine Tochter gern im Fernsehen anschaut?
Und: Wenn die neuen Väter sich mit ihrem Nachwuchs beschäftigen, "wirken" sie auch indirekt. Sie entlasten nämlich die dazugehörigen Mütter. Und eine ausgeglichene "neue Mutter" tut ihren Kindern bestimmt auch nur gut.