Frische Luft im Winter"Mama darf ich in die Kälte?"

Dass Kinder besser an der frischen Luft als drinnen spielen sollten, gilt nicht nur im Sommer. Auch die kalte Luft im Winter ist gesund.

Frische Luft im Winter: Mama darf ich in die Kälte?
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Erst wollte Andreas partout nicht mit nach draußen - es war ihm einfach zu kalt. Eltern und Geschwister konnten ihn aber schließlich überzeugen, dass ein Schneespaziergang mit dem Schlitten eine tolle Sache ist. Und nach zwei Stunden wollte er dann immer noch nicht nach Hause ...

So wie der sechsjährige Andreas brauchen manche Kinder in der kalten Jahreszeit kleine Anreize, die sie an die frische Luft locken. Interessant ist alles, wo es etwas zu beobachten gibt, wie beispielsweise ein Freigehege mit Tieren, ein Aussichtspunkt oder ein Flohmarkt im Freien. Auch eine Hütte im Wald, ein Lokal zum Einkehren oder ein kleines Museum können den winterlichen Ausflug noch spannender machen und bieten unterwegs Gelegenheit zum Aufwärmen und Kräfte sammeln. Besonders viel Spaß macht es natürlich, wenn dazu noch Freunde mitkommen.

Es gibt aber auch ganz „Unverfrorene", die von alleine jede Gelegenheit nutzen, um nach draußen zu stürmen, dabei sogar Schal und Mütze vergessen, so dass Mama schon die nächste Mittelohrentzündung fürchtet.

Die meisten Eltern spüren, dass es den Kleinen gut tut, wenn sie nicht nur in der warmen Stube hocken, sondern sich an der frischen Luft bewegen - auch wenn es draußen klirrend kalt ist. Trotzdem bleibt die Angst vieler Eltern, ihr Kind könnte sich im Freien erkälten.

Der Reiz der Kälte

Schon vor mehr als 100 Jahren hat Sebastian Kneipp herausgefunden, dass wechselnde Reize von Wärme und Kälte die Gesundheit fördern. Er hielt es von „außerordentlicher Wichtigkeit", Kopf, Hals, Gesicht und Hände regelmäßig der frischen Luft auszusetzen. Sogar für die Füße empfahl er das - zumindest von Frühjahr bis Herbst. Ängstlichen Eltern, die wissen wollten, wie lange ihre Kinder draußen barfuß laufen dürfen, versicherte er, dass die Kinder von alleine zurück in die Wohnstube finden, wenn sie frieren.

Kneipps Methoden, die man landläufig als Abhärtung bezeichnet, machen immer noch Sinn. „Durch die moderne Bekleidungs- und Heizungstechnik gibt es heute kaum noch Kältereize, denen wir uns aussetzen müssen - insofern ist Kneipp aktueller denn je", meint Hubert Leick, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in der Kneippschen Kinderheilstätte Bad Wörishofen.

Er ist sicher, dass Kinder heute weniger abgehärtet und deshalb auch infektanfälliger sind als früher. Auch ohne Barfußlaufen hält der Arzt es für empfehlenswert, dass Kinder regelmäßig ins Freie gehen. Wer dabei sein Kind beobachtet und schrittweise an die Kälte gewöhnt, muss auch nicht fürchten, dem Kind zuviel zuzumuten. Sogar bei leichten Atemwegsinfekten sollten Eltern sich mit ihren Sprösslingen an die frische Luft trauen.

Raus aus dem Kindergarten

Raus gehen oder in der warmen Stube bleiben - das ist auch in vielen Kindergärten eine umstrittene Frage. Für die Erzieherin Beate Jung aus Mühlheim am Main ist sie einfach zu beantworten: „So oft wie möglich raus!", ist ihr Motto. Wo sie arbeitet, ist Bewegung an der frischen Luft ein wichtiger Teil des pädagogischen Konzeptes.

Nicht nur den Spielplatz vorm Haus nutzen die Kindergruppen. Regelmäßig werden auch größere Ausflüge in den Wald, zum Flussufer oder anderen Zielen angeboten - auch bei schlechtem Wetter. Viele Kinder gehen gerne mit und wollen auch bei ungemütlichen Temperaturen nicht auf ihren „Wald-Tag" verzichten.

Kürzlich haben sie trotz Regen und Kälte ein Picknick in einer kleinen Waldhütte erlebt. „Es sind eher die Eltern, die Bedenken und Angst haben, ihre Kinder könnten krank werden", meint Beate Jung. Sie ist überzeugt, dass die Kinder davon profitieren, wenn sie draußen die Kälte spüren und wahrnehmen, wie ihr Körper darauf reagiert.

Zwar kostet es etwas Überwindung, bei Eiseskälte ins Freie zu gehen, um so größer ist aber das Wohlgefühl für alle, die zurückkommen in ein warmes, trockenes Haus. Da kribbeln und glühen Hände, Wangen oder Füße, heißer Tee oder Suppe wärmen von innen wieder auf und schmecken wie sonst nie. Zu Hause bleiben möchte die Erzieherin deshalb nur bei extremen Witterungen wie Sturm und Dauerregen.

„Stöcke suchen" oder „Tiere finden" sind Spiele, mit denen sie die Kinder unterwegs bei Laune hält. Oder sie fordert die Gruppe zu kleinen Experimenten auf: Was passiert eigentlich, wenn man die Handschuhe auszieht? Die Jungen und Mädchen haben herausgefunden, dass die Hände durch Bewegung von selbst wieder warm werden, wenn man nur lange genug mit dem Schnee spielt, formt und klopft.

Natürlich kennt die Erzieherin auch Kinder, die freiwillig nie raus gehen würden. Auch bei ihnen besteht sie auf mindestens einer halben Stunde an der Luft und versucht, die Bewegungsmuffel mit speziellen Spielangeboten zu überlisten.

Warm verpackt und gut gerüstet

Zum Aufenthalt an der frischen Luft gehört die richtige Kleidung und geeignetes Schuhwerk. Robuste und wetterfeste Hosen und Jacken bestätigen die alte Weisheit, die besagt: „Es gibt kein schlechtes Wetter - nur unangemessene Kleidung." Vor allem die „Zwiebel-Technik" hat sich gut bewährt. Dabei werden mehrere Kleidungsschichten je nach Bedarf übereinander gezogen, wie z.B. Unterhemd, Rolli, Pulli, Weste, Jacke. An- und Ausziehen dauern zwar dadurch etwas länger, dafür kann jeder, der ins Schwitzen kommt, ganz einfach wieder eine Schicht ablegen.

Um sich unterwegs auch von innen etwas aufzuwärmen, empfiehlt sich eine Thermoskanne mit heißem Tee. Er kann die Schleimhäute vorm Austrocknen schützen und so Erkältungen vorbeugen.

Bewegung hält gesund

Vorbeugen kann Bewegung auch vor Haltungsschäden. Und ganz nebenbei reguliert sie Appetit und Schlaf. Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang und bewegen sich normalerweise gerne draußen - auch in der kalten Jahreszeit.

Außerdem ist Bewegung ein wichtiger Motor für die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls. Um diesen Motor in Gang zu halten, sollten Eltern ruhig öfter einen gemeinsamen Ausflug in die Kälte unternehmen.

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