Kindliche Schlafstörungen sind eine große Belastung. Oft leidet die ganze Familie monatelang unter gestörter Nachtruhe und Tagesmüdigkeit mit schlimmen Folgen. "Eltern, die mit ihrem Kind zu uns kommen, stehen unter großem Druck. Sie wünschen sich einen Experten, weil sie schon alles versucht haben", erklärt der Leiter der Freiburger Kinderschlafambulanz Ulrich Rabenschlag.
Die Familiensituation entschärfen
In vielen Fällen erweist sich die geduldige und vor allem sorgfältige Befundaufnahme bereits als die beste Form der Therapie. Das erste Gespräch, an dem das Kind gemeinsam mit seinen Eltern teilnimmt, dauert rund 90 Minuten. Bei diesem Treffen wird nicht einfach eine Symptomliste abgehakt, sondern bei der Familie selbst angesetzt. Die Sitzung dient vor allem dazu, sich gegenseitig kennen zu lernen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Das Kind muss sich an den untersuchenden Schlafexperten gewöhnen, die Eltern brauchen wieder Zuversicht. Zunächst gilt es, die zugespitzte Lage in der Familie zu entschärfen. Über die an die Eltern gerichtete Frage "Was brauchen Sie, um die momentane Situation auszuhalten?" entsteht rasch ein Austausch, der es dem Therapeuten ermöglicht, sich ein Bild von der Familie und ihren Möglichkeiten zu machen. Im Verlauf des Gesprächs entstehen aus Fragen wie "Können sich Vater und Mutter mit der Betreuung des Kindes abwechseln, damit die erschöpfte Mutter wieder ausreichend Schlaf erhält?" erste Empfehlungen, verbunden mit dem Auftrag, ein Tag-Nacht-Buch über die Schlaf- und Wachphasen des Kindes zu führen.
Die zweite Sitzung nach zwei Wochen steht unter der Fragestellung: Waren die Empfehlungen realisierbar? Gab es Veränderungen? Wie wichtig die Weiterführung des Tag-Nacht-Buches ist, bestätigt Alfred Wiater, Chefarzt der Kinderklinik Köln-Porz, einer der ersten schlafmedizinischen Einrichtungen für Säuglinge und Kinder in Deutschland: "Manchmal ergeben sich daraus schon wertvolle Anregungen, deren Umsetzen zum besseren Schlafverhalten des Kindes führen."
Die Ursachen erforschen
Erst wenn die Familie einen Weg gefunden hat, den Familienalltag trotz durchwachter Nächte zu bewältigen, beginnen verschiedene Untersuchungen zur Aufklärung und Behandlung der Schlafstörungen. Das sind etwa neurologische und psychologische Untersuchungen des Kindes (Entwicklung, Begabung und Phantasie), Spieldiagnostik mit Puppen, die Auswertung der Vorbefunde des Kinderarztes und der Ausschluss von schlafbezogenen Atmungsschwierigkeiten (Apnoe-Syndrom). Berücksichtigt wird dabei, dass verschiedene Schlafstörungen oft gemeinsam auftreten und nicht leicht voneinander abzugrenzen sind. Manchmal haben sie auch Signalcharakter und weisen auf schwere andere Erkrankungen wie Anfallsleiden, Angststörungen, Allergien oder Depressionen hin. Viele Schlafstörungen sind jedoch "hausgemacht", etwa durch TV-Konsum direkt vor dem Schlafengehen oder durch die Unsicherheit der Eltern angesichts der Trennungsängste ihres Kindes am Abend und in der Nacht.
Eine individuell zugeschnittene Therapie für die ganze Familie
Während der Diagnosefindung bespricht, erprobt, ändert und probiert die Familie verschiedene therapeutische Schritte aus. Leidet ein Kind zum Beispiel unter Alpträumen empfiehlt sich eine Maltherapie zur gemeinsamen Bearbeitung der nächtlichen Schrecken. Bei Ein- und Durchschlafschwierigkeiten ist die "Freiburger Sanduhr-Methode" sehr erfolgreich. Bei diesem Einschlaftraining dehnen die Eltern die Zeit, bis sie ihr Kind in seinem Bett beruhigen, stufenweise nach einem bestimmten Schema aus.
kizz Info
Unter www.dgsm.de hat die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin eine Liste aller Schlaflabore mit speziellen Hinweisen auf Kinderschlafzentren veröffentlicht.
Mit diesen und anderen Methoden lassen sich die meisten kindlichen Schlafstörungen zum Glück in rund zwei bis sechs Wochen beheben. In manchen Fällen dauert es jedoch auch weitaus länger. Zur Erfolgskontrolle lädt die Schlafambulanz zu einer Nachbesprechung nach sechs Monaten ein.