Bewegungslandschaften U3

Sobald Kleinstkinder robben und krabbeln können, werden die Dimensionen Höhe und Tiefe sowie die Breite, also die Fläche, für sie interessant. Unter Dreijährige sind ständig unterwegs, nicht nur geradeaus, nach links, rechts und rückwärts, sondern mit Vorliebe auch nach oben und steil hinunter, auf engen Nebenwegen, in Sackgassen, Vertiefungen, über Hindernisse und Widerstände hinweg. Wer Kleinstkinder beobachtet, erkennt sofort: Sie interessieren sich mindestens genauso intensiv für die Abstände, Richtungen und Begrenzungen in der Höhe und Tiefe wie für die in der Breite. Es liegt an uns Erwachsenen, ihnen dafür Räume zur Verfügung zu stellen, in denen sie an ihre Grenzen stoßen und diese nach und nach erweitern können.

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Inwieweit unterstützt Bewegung die Entwicklung der Kinder?

Damit sich das Gehirn von Kleinstkindern optimal entwickeln kann, ist es auf Bewegung angewiesen. Kleinstkinder sind pausenlos bestrebt, buchstäblich „am eigenen Leib“ zu erspüren: Was verändert sich wie und wodurch? Was geschieht, wenn ich zum Beispiel Knie und Bauch eine Ebene höherziehe oder die Hand durch ein Guckloch in der Trennwand stecke und hindurchblicke? Sie erkennen Ursachen und Wirkungen. Dabei sind alle Sinneskanäle gleichzeitig im Einsatz und übermitteln Wahrnehmungen ans Gehirn: etwa Informationen zur Unterlage, auf der sich das jeweilige Kind gerade befindet (z. B. auf der elastischen Krabbelmatte oder auf dem festen Boden) oder wie verlässlich die stabile Seite beschaffen ist (z. B. eine Trennwand, eine Schrankseite, das Treppengeländer), damit es sich seitlich abstützen kann. Diese mehrdimensionalen Lageveränderungen sind es, die einem Kind in jedem Augenblick neue Entscheidungen abverlangen: Was mache ich als nächstes? Was ist jetzt wichtig? Was ist nicht wichtig? Dabei lernt es, Hypothesen über seine Welt zu bilden, zu prüfen und gegebenenfalls umzustellen. Problemlösendes Handeln in den ersten drei Lebensjahren geschieht ausschließlich über Wahrnehmung und Bewegung im dreidimensionalen Raum.

Was brauchen Räume für unter Dreijährige?

Die ideale Möblierung für diese Altersgruppe sind Podest- und Bewegungslandschaften, die alle drei Dimensionen ausnutzen und Bewegungsspielraum in der Höhe, Breite und Tiefe bieten. Es handelt sich um waagerecht und senkrecht in den Raum eingezogene Podeste, Absätze, Emporen, Zwischen- und Spielebenen, Hochterrassen, Ausgucks und galerieähnliche Einbauten in mindestens drei, idealerweise in fünf Ebenen (vom Boden aus gesehen). Sie reichen bis unter die Decke und sind in jedem Abschnitt nach DIN-Normen konzipiert. Zu den verschiedenen Ebenen, Plateaus und Nischen führen bis unter die Decke unterschiedlich strukturierte und gestaltete Zugänge, die die Fähigkeiten der Kinder in abgestuften Schwierigkeitsgraden herausfordern. Ein Fallschutz neben jeder Treppe, Wellenrutsche und Leiter ist ein Muss!

Was versteht man unter einer Bewegungsbaustelle?

Eine gute mobile Ergänzung zu fest installierten Podest- und Bewegungslandschaften stellt ein mobiler Bewegungsparcours dar. Für diesen bieten sich Materialien wie Kästen, kleine Podeste, Rampen, Bretter sowie Kletterbogen bzw. -leitern an. Werden die Bauten über längere Zeit unverändert stehen gelassen und dann langsam Schritt für Schritt erweitert, erhalten alle Kinder ausreichend Gelegenheit, ihre Möglichkeiten zu erproben und sich weiterzuentwickeln.

Ist die Einrichtung einer Bewegungsbaustelle aus Platzgründen im Gruppenraum nicht möglich, können die Elemente alternativ auch im Flur, Bewegungs-, Mehrzweck- oder auch im Schlafraum zum Einsatz kommen.

Welche Elemente sind in Räumen für Kinder unter drei Jahren besonders wichtig?

Um einen idealen Entwicklungsspielraum für unter Dreijährige zu gestalten, ist es wichtig, dass neun Grundelemente enthalten sind:

Die stabile Unterlage bietet einen haltenden, festen Grund, auf den das Kind sich verlassen und sicher aufrichten kann (z. B. Kopf und Schultern von der Unterlage heben, Arme und Hände aufstützen, robben). Weichböden und zu viele Matratzen auf der Freifläche sind keine stabile Unterlage und erschweren die Grundbewegungsformen.
Die stabile Seite (seitliche Begrenzungen, z. B. Trennwände aus Holz, Geländer etc. – alles, was seitlich hält und stützt) wird wichtig, wenn Kinder anfangen, sich aufzurichten. Sie ermöglicht das Anlehnen, Dagegenstemmen, Festhalten und Hochziehen, das Laufen lernen, Treppen erklettern und erstes Balancieren.
Die Umhüllung, beispielsweise beim Einrichten von Rückzugsgelegenheiten wie Nischen oder Höhlen, ermöglicht das Erleben von Geborgenheit, ist eine sichere Begrenzung von allen Seiten, dient als Versteck, oder als ungestörter Ort zum Spiel allein oder zu zweit. Von allen Seiten gehalten und gestützt zu werden, kann Sicherheit vermitteln, aber auch Gefühle der Begrenztheit und Enge auslösen. Oft drängen sich gerade Kinder mit Schwierigkeiten bei der Wahrnehmungsverarbeitung nach den Erfahrungen, die sie in engen, kleinen Räumen, in Höhlen, Nischen, abgetrennten Ecken machen können. Miniräume, die mithilfe von Umhüllungen innerhalb eines größeren Raumes geschaffen werden, können immer wieder unterschiedlich ausgestaltet und beleuchtet werden. Sie sollten so vorbereitet sein, dass die Kinder sie flexibel nutzen können.
Höhendifferenzen ergeben sich in der Bewegungslandschaft und durch unterschiedlich hohe Podeste im Raum. Sie werden mit Aufstiegsmöglichkeiten wie Treppen, Wellentreppen, Leitern, über schräge Ebenen oder eingehängte Schwebebänke erreicht. Sie sind die wichtigsten Entwicklungsreize für Gleichgewicht, Tiefenwahrnehmung, Stellungs- und Muskelsinne, tragen in besonderer Weise zur Entwicklung des Körperschemas und eines positiven Selbstgefühls bei und fördern Geschicklichkeit, Ausdauer und Freude an der Bewegung.
Verbindungen (Tunnel, Schwebebänke als „Brücken“ etc.) zeigen, was die Welt zusammenhält! Wenn es einem Kind beispielsweise gelingt, über eine schräge Ebene von einem Bereich der Bewegungslandschaft in einen anderen zu robben, erfährt es dabei mit seinem ganzen Körper und allen seinen Sinnen einen Zusammenhang: Ich bin hier und will dort hin, also muss ich diesen Weg überwinden. Verbindungselemente sind eine wichtige handlungsbezogene Grundlage zur Erkenntnis von Verknüpfungen, Zusammenhängen, Reihen, Gemeinsamkeiten, zum Erkennen von Wenn-Dann-Beziehungen – und damit auch zum Erwerb mathematischer Grundkenntnisse. Zudem führen sie zu Selbsteinschätzungen wie: Welchen Weg muss ich nehmen, um zum Ziel zu gelangen? Was kann ich dabei mitnehmen? Was nicht? Was kann ich mir zutrauen, um mein Ziel zu erreichen? Was ist zu viel?
Transparenz im Raum als Einblicke, Durchblicke, Überblick und Ausblicke (Stellwände mit Gucklöchern, Wandschirme aus durchsichtigen Stoffen etc.) ermöglichen dem Kind die Gewissheit, dass vertraute Erwachsene jederzeit sichtbar und erreichbar sind. Kleinstkinder erfahren den Zusammenhang zwischen Standort und wechselnder Aussicht – eine wichtige Grundlage für die Lernaufgabe, die Welt aus wechselnden Perspektiven wahrnehmen zu können. Das ist eine der Voraussetzungen dafür, später andere als die eigenen Standpunkte, Einschätzungen und Bedürfnisse wahrnehmen und sich damit auseinandersetzen zu können.
Eine strukturierte Fußbodengestaltung bietet Tast-Erlebnisse für Kinder, die noch robben und krabbeln. Auf ihren Ausflügen im Gruppenraum begegnen sie wechselnden Bodenbeschaffenheiten mit immer neuen Tastqualitäten, optisch und akustisch anregenden Elementen und Grenzen und Hindernissen, die es zu über- oder zu umkrabbeln gilt. Oder die Kinder vermeiden sie – zum Beispiel, wenn das Material des Fußbodenbelages an den Händen unangenehm kribbelt oder gar kratzt.
Gutes Licht: Licht prägt unser Wohlbefinden, wirkt auf unser Selbstbewusstsein, beeinflusst unsere Gefühle, motiviert oder demotiviert und bestimmt die Art, wie wir Wahrnehmungseindrücke verarbeiten. Licht ist in der Kita ein besonderer Gestaltungsfaktor, denn in ein- und demselben Raum können Sie durch unterschiedlichen Lichteinsatz unterschiedliche Aktionen „ins Licht setzen“, andere hingegen zurücktreten lassen. Sie können die Aspekte Behaglichkeit und Ruhe betonen (z. B. mit sanftem, abgedimmten Licht im Schlafbereich) oder die Kinder bei „bewegten“ Aktionen zusätzlich motivieren (z. B. mit einem voll und hell ausgestrahlten Raum und farbigen Spots).
Stimmige Farben: Jedes Objekt hat Farben und ist damit ein Element der Farbgestaltung im Gruppenraum. Es hängt sehr vom Tageslichteinfall in einem Raum ab, welche Farben für Fußböden, Wände und Decken am besten geeignet sind. Allgemein empfehlen sich für die Fußböden ein warmes Gelb und Orange, für die Wände ocker- oder orange gebrochenes Weiß. Bilder, Spiegel, Pflanzen und Raumteiler sorgen für die übrige Farbgestaltung. Lange Flure und große Räume lassen sich durch lichtgeführte Farbinseln optisch unterteilen und damit wohnlicher machen. Hohe Decken können starkfarbig gestrichen und so optisch abgesenkt werden. Zu bedenken ist: Blau- und Grüntöne sind kalte Farben, die zuerst beruhigend, nach einer Weile aber kalt und damit abweisend wirken können.