Nein, Krippenkinder müssen nicht aufräumen.
„Wir wollen die Kinder von Anfang an daran gewöhnen“, sagen Krippenerzieherinnen oft, wenn es ans Aufräumen geht. Gut gemeint, aber wirkungslos! Zwar mögen sich manche Kinder daran gewöhnen, dass vor bestimmten Phasen aufgeräumt wird, so, wie sie auch andere Abläufe verinnerlichen. Doch dadurch entwickeln sie noch lange kein positives Verhältnis zu dieser Tätigkeit. Denn dafür benötigten sie die Einsicht, dass Aufräumen dabei hilft, Dinge schneller wiederzufinden. Kleinkindern jedoch sind die langfristigen Folgen ihres Handelns fremd.
Ein weiteres Argument spricht gegen das verpflichtende Aufräumen in Kitagruppen: Charakteristisch für das Spiel junger Kinder ist der schnelle Wechsel zwischen Aktivitäten – ein Hinweis darauf, dass sie neue Erfahrungen suchen. Diese Art des selbstgesteuerten Lernens würden wir gefährden, wenn wir immer erst auf Ordnung bestehen würden, bevor sie sich Neuem zuwenden dürfen.
„Aber Krippenkinder machen doch sogar von sich aus beim Aufräumen mit?“, entgegnet nun vielleicht mancher. Das stimmt – aber für Kleinkinder ist dies ein Spiel. Deshalb darf keine Pflicht daraus werden und Kinder sollten die Tätigkeit des Aufräumens jederzeit beenden dürfen.
Eine der wichtigsten Aufgaben moderner Pädagogen ist es, Kindern geeignete Räume und Materialien anzubieten. Dazu gehört auch, diese Räume und Materialien so übersichtlich zu halten, wie es nur ein erwachsener Mensch mit einem entwickelten Ordnungssinn kann. Aufräumen ist Aufgabe von Fachkräften – weil Kleinkinder geordnete Räume oder Spielzeugkisten brauchen. Auch, um sie wieder in Unordnung zu bringen …
Ja, Krippenkinder müssen aufräumen.
Kleinkinder profitieren davon, wenn sie nach dem Spielen zum Aufräumen angehalten werden. Denn nur so erfahren sie mit der Zeit, dass Ordnung ihr Leben deutlich erleichtert und trainieren den sorgsamen Umgang mit Dingen, die sie umgeben. Wie so oft, lernen Kinder auch hier von Vorbildern. Ihre Bezugspersonen müssen ihnen also frühzeitig eine gewisse Ordnung vorleben. Durch deren Nachahmung verstehen die Kinder immer besser, wie Aufräumen überhaupt funktioniert. Auch ältere Kinder können hierbei den Jüngeren als Vorbilder dienen.
Das gemeinsame Aufräumen nach einer abgeschlossenen Aktivität vermittelt Kindern im Krippenalltag nicht zuletzt ein gutes Gefühl von Struktur. Es kündigt einen bevorstehenden Übergang, z. B. vom Spielen zum Essen, an und erleichtert diesen dadurch häufig. Ein weiterer entscheidender Punkt: Kindern macht es meist Spaß, ihr Spielzeug in Kisten und Regale einzuräumen, vor allem als gemeinsames Ritual, z. B. wenn alle dabei immer dasselbe Lied singen. Sie freuen sich, wenn sie von den Fachkräften um Mithilfe gebeten werden. Auch wenn sie anfänglich noch keine Vorstellung davon haben, nach welchen Kriterien sich Ordnung eigentlich bemisst, empfinden sie sich dadurch als wichtiges Mitglied der Gruppe.
Damit Kleinkinder das Prinzip des Aufräumens lernen können, sollten Fachkräfte jedem Spielzeug einen eindeutigen Platz zuordnen, die Spielzeugmenge überschaubar halten und das eigene Handeln sprachlich begleiten. Vor allem aber sollten sie Kindern immer das gute Gefühl geben, dass ihre Unterstützung geschätzt wird. Hier gilt das Motto: Jeder hilft, so gut er kann.