Formen der Kindertagespflege - Teil IIch bin mein eigener Chef!

In dieser zweiteiligen Reihe stellen wir Ihnen unterschiedliche Formen der Tagespflege vor. In dieser Ausgabe: die selbstständige Tagespflegeperson.

Ich bin mein eigener Chef - Formen der Kindertagespflege (1)
© Harald Neumann, Freiburg

Eine weit verbreitete Form der Kindertagespflege ist die selbstständig tätige Kindertagespflegeperson im eigenen Haushalt. Sie betreut ihre Tageskinder in ihrem privaten, familiären Umfeld. Neben dieser Form gibt es die Möglichkeit, in anderen geeigneten Räumen eine Betreuung außerhalb oder getrennt vom Familienhaushalt zu etablieren, wie z. B. in angemieteten Wohnungen, Räumen in Betrieben, in Familienzentren oder in einer Einliegerwohnung im Eigenheim.

Selbstbestimmt arbeiten

Die Selbstständigkeit bietet sich besonders für Tagespflegepersonen an, die ihre Arbeit eigenständig und unabhängig gestalten wollen (z. B. bezüglich der pädagogischen Ausrichtung, Raumgestaltung oder Nahrungsmittelauswahl). Diese Betreuungsform bietet auch Erzieherinnen und anderen pädagogischen Fachkräften eine gute Möglichkeit, sich selbstständig zu machen. Um die regionalen Bestimmungen für einen Quereinstieg zu erfragen, sollten sie Kontakt mit dem zuständigen Jugendamt aufnehmen.
Eine selbstständige Tagesmutter hat den Vorteil, dass sie ihre Betreuungsverhältnisse frei wählen kann: Sie kann sich aussuchen, welche Familien und Kinder zu ihr passen. Das schafft eine gute Basis für eine gelingende Erziehungspartnerschaft. Vorteilhaft ist außerdem, dass die Anzahl der Eltern überschaubar ist und auch die Eltern nur eine Ansprechpartnerin haben – dies ermöglicht eine intensive Zusammenarbeit. Die selbstständige Tagespflegeperson arbeitet i. d. R. allein (bisweilen auch in einem Kleinteam); dies sollte ihr vor Beginn der Tätigkeit bewusst sein.
Wer selbstständig ist, ist auch für seine wirtschaftlichen Einnahmen verantwortlich. Die Einnahmen ergeben sich aus den örtlichen Gebührenverordnungen der Kreise bzw. Kommunen und den möglichen Landeszuschüssen. Es gibt auch die Möglichkeit rein privater Betreuungsverhältnisse, d. h., die Eltern tragen die gesamten Betreuungskosten. Ratsam ist es, schon vor Tätigkeitsbeginn einen Finanzplan zu erstellen, um zu überprüfen, wie viele Betreuungsverhältnisse benötigt werden, um wirtschaftlich zu arbeiten. Dabei sollte die Tagespflegeperson beachten, dass wahrscheinlich nicht immer alle Plätze belegt sein werden – Betreuungslücken können sich durch wechselnde Tageskinder oder einen über längere Zeit unbesetzten Platz ergeben. Dieses Risiko trägt die selbstständige Tagespflegeperson.  

Rechte und Pflichten

Tageskinder sind vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst, wenn sie von einer gem. § 23 SGB VIII geeigneten Tagespflegeperson betreut werden. Zur Selbstständigkeit gehört es, dass sich die Tagespflegeperson selbst sozialversichern muss. Sie hat aber den Vorteil, dass die Sozialversicherung um bis zu 50 % vom Jugendhilfeträger gefördert wird (ähnlich einem durchschnittlichen Angestelltenverhältnis). Der Gewinn, d. h. Einnahmen minus Ausgaben (Pauschale oder Einzelaufstellung der Ausgaben), ist zu versteuern. Fällt die Tagesmutter krankheitsbedingt aus, gibt es regional unterschiedliche Vertretungsstrukturen. Bis zu sechs Wochen erhält sie Krankengeld. Möchte sie auch über diese sechs Wochen hinaus Krankengeld erhalten, muss sie sich selbst um eine Zusatzversicherung bemühen (Stand 2018).
Zwischen der Tagespflegeperson und den Eltern wird ein Betreuungsvertrag geschlossen. Dieser wird von der Tagespflegeperson erstellt – sie bestimmt also dessen wichtigste Bestandteile.

Räumlichkeiten

Bezüglich der Räumlichkeiten ist es empfehlenswert, das Jugendamt frühzeitig hinzuzuziehen, um gemeinsam deren Eignung festzustellen. Bietet die Tagespflegeperson die Betreuung in ihrem eigenen Haushalt an, müssen die Räume kindgerecht ausgestattet sein. Wird die Betreuung in anderen geeigneten Räumen angeboten, gibt es u. a. durch die Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter der Länder Niedersachsen und Bremen (AGJÄ) folgende Empfehlungen zur räumlichen Ausstattung: mindestens 3 m2 Spielfläche pro Kind, zwei Räume, eine Ruhemöglichkeit, eine Funktionsküche, altersgerechte Bestuhlung, ein Bad mit einer Toilette und einer Wickelmöglichkeit, telefonische Erreichbarkeit, Feuerlöscher und Rauchmelder, möglichst ein Garten oder eine Grünfläche sowie ein gut erreichbarer Spielplatz. Grundsätzlich gibt es keine Überwachungspflicht durch die Gesundheitsämter. Für Tagespflegepersonen empfiehlt sich eine Belehrung durch das Gesundheitsamt gemäß §§ 33–35 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Wenn in einer Mietswohnung oder in angemieteten Räumen eine Kindertagespflegestelle betrieben wird, sollte diese Nutzung mit dem Vermieter schriftlich festgehalten sein (s. Kleinstkinder 8/2018, S. 12).

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