Liebe Frau Horn, liebe Frau Rahm, alle vier Wochen treffen Sie sich mit Kolleginnen aller städtischen Kitas in Gengenbach zum sog. Pädagogischen Qualitätszirkel, kurz PQZ. Was schätzen Sie an dieser Vernetzung am meisten?
Patricia Horn: Das Beste daran sind der Austausch und die Möglichkeit, über unseren eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Das gibt uns die Chance, Pädagogik wirklich voranzubringen. Der Austausch im PQZ unterstützt uns dabei, gemeinsam konstruktive Lösungen in herausfordernden Zeiten zu entwickeln.
Geht es hierbei eher um einen zwanglosen Austausch oder mehr darum, bestehende Qualitätsstandards auf den Prüfstand zu stellen?
Nathalie Rahm: Es geht bei unseren Treffen um den fachlichen Austausch, die Evaluierung unserer Arbeit und die Festlegung gemeinsamer Qualitätsstandards. Die Themen werden im Vorfeld festgelegt, diese kommen oft aus den Kita-Teams und manchmal auch vom Träger. Die PQZ-Mitglieder haben auch ein gutes Gespür dafür, welche Themen die eigenen Kita-Teams gerade beschäftigen.
Wie kommen Sie bei einem kontroversen Thema zu einer gemeinsamen Lösung?
Patricia Horn: Manchmal gibt es durchaus Diskussionsbedarf. In letzter Zeit haben wir z. B. an einem einheitlichen Eingewöhnungskonzept gearbeitet, da war es tatsächlich schwierig, auf einen Nenner zu kommen, weil jede von uns gefestigte Vorstellungen hatte. Von Standards abzuweichen, nach denen man schon jahrelang arbeitet, ist eben gar nicht so einfach. In solchen Fällen tragen die Mitglieder des PQZ die Themen zurück in ihre Kitas und spüren nach, welche Positionen die Teams vertreten. Der PQZ trifft dann im Anschluss eine Mehrheitsentscheidung. Mittlerweile haben wir bzgl. der Eingewöhnung verbindliche Richtlinien erarbeitet, an die sich alle Fachkräfte halten. Im Rahmen dieser Standards haben die einzelnen Einrichtungen aber natürlich auch immer Spielräume.
Können Sie uns an einem Beispiel verdeutlichen, wie der PQZ die Qualität in den Kitas voranbringt?
Nathalie Rahm: Im Austausch über gelungene Erziehungspartnerschaften haben wir eine neue Strategie erarbeitet und etabliert: Statt klassischer Elternfeste mit hunderten von Gästen laden wir jetzt eher zu kleinen Aktionen ein, unter denen die Familien wählen können, von Töpfern in der Kita bis zur Schatzsuche im Park. In diesem überschaubaren Rahmen ist es möglich, wirklich mit den Eltern ins Gespräch zu kommen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen.
Warum ist es sinnvoll, dass sich mehrere Kitas auf dieselben Standards einigen?
Patricia Horn: Das gibt u.a. den Eltern die Sicherheit, dass eine konstante und hochwertige Bildung und Betreuung ihrer Kinder gewährleistet ist. Wenn sie innerhalb ihres Wohnorts die städtische Einrichtung wechseln, etwa weil sie mehr Betreuungszeit brauchen, wissen sie, dass die neue Kita genauso arbeitet wie die alte. Auch potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bietet der gemeinsame Rahmen der Einrichtungen eine hilfreiche Orientierung. Generell ist es gut, dass sich die Kitas nicht in einem Konkurrenzkampf befinden, sondern dass alle an einem Strang ziehen. Das hat nicht zuletzt auch was mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun.
Der PQZ beleuchtet die Bildungsarbeit auch noch auf andere Weise …
Nathalie Rahm: Ja, alle zwei bis drei Monate treffen wir uns mit allen Fachkräften zu einem bestimmten Thema. Dieser Arbeitskreis hat kürzlich das Thema „Pädagogische Haltung” bearbeitet. Dafür hatten wir in einem Park verschiedene Stationen aufgebaut, die dazu einluden, einrichtungsübergreifend ins Gespräch zu kommen. Manchmal holen wir über den PQZ auch externe Referenten ins Boot. Demnächst haben wir eine Expertin zu Gast, die mit uns nochmals das Konzept der Offenen Arbeit beleuchtet. Ein wichtiges Thema war auch das Gewaltschutzkonzept, das wir erst intern in den Kitas und dann in einem Arbeitskreis bearbeitet haben, um uns auf einen einheitlichen Verhaltenskodex zu verständigen.
Der PQZ plant auch Tauschtage. Was ist damit gemeint?
Nathalie Rahm: Pro Kalenderjahr bekommt jede pädagogische Fachkraft ein bis zwei Tauschpartnerinnen bzw. -partner aus anderen Kitas. Diese wechseln dann für ein bis zwei Tage ihren Arbeitsplatz. Sie lernen auf diese Weise die anderen Einrichtungen und Teams kennen und natürlich auch neue Abläufe. Im Anschluss findet dann noch ein Gespräch statt, in dem sich die beiden Fachkräfte über ihre jeweiligen Eindrücke austauschen.
Inwiefern kommen diese Tauschtage auch den Kitas insgesamt zugute?
Patricia Horn: Das hat sich neulich bezüglich des vereinheitlichten Eingewöhnungsmodells gezeigt: Im Rahmen eines Kita-Tauschs konnten Fachkräfte, die sich mit dem Berliner Eingewöhnungsmodell zunächst schwertaten, dieses Konzept in der Praxis erleben und lernten so anschaulich seine Vorteile kennen.
Sie haben nun die Vorteile Ihres Pädagogischen Zirkels dargestellt. Lauern denn irgendwo auch Fallen?
Patricia Horn: Es ist vor allem wichtig, von vornherein klare Strukturen und Ziele festzulegen. Sonst werden solche Treffen schnell zur gemütlichen Kaffeerunde.
Die Fragen stellte Katrin Imbery.
INFO
Der Pädagogische Qualitätszirkel Gengenbach
Der Pädagogische Qualitätszirkel (PQZ) trifft sich einmal im Monat zum fachlichen Austausch. Der Kreis setzt sich zusammen aus je zwei Teammitgliedern der insgesamt vier Kitas unter städtischer Trägerschaft. Alle Einrichtungen arbeiten nach dem Offenen Konzept. Der PQZ hat u.a. folgende Aufgaben:
- Weiterentwicklung der Offenen Arbeit
- Bearbeitung aktueller pädagogischer Themen
- Qualitätssicherung der pädagogischen Arbeit
- Presse- & Öffentlichkeitsarbeit
Das vom PQZ Gengenbach entwickelte Qualitätshandbuch ist kostenlos abrufbar auf: www.stadt-gengenbach.de