Pro & ContraZähneputzen in der Kita?

Die Pflege von Kinderzähnen ist von Anfang an wichtig. Aber inwieweit liegt die tägliche Mundhygiene primär in der Verantwortung der Familien? Zwei unterschiedliche Standpunkte zu einem viel diskutierten Thema.

Pro & Contra
© Florian Nütten

Ein wichtiges Bildungsangebot

Das tägliche Zähneputzen in der U3-Praxis ist zentral für die Entwicklung der Selbstpflegekompetenz: Der spielerische Umgang mit Zahnbürste und Becher ebnet Kleinkindern einen leichten Zugang zu einer lebenslangen und unerlässlichen Routine. Somit ist das Zähneputzen als Bildungsauftrag zu verstehen und dient der nachhaltigen Gesundheit der Kinder.
Auch im Sinne der Chancengerechtigkeit sollten pädagogische Fachkräfte die frühe Entwicklung mentaler Skripts zur Körperpflege nicht in die alleinige Verantwortung der Familien geben: Kleinkinder verinnerlichen beim Zähneputzen in der Kita einen Handlungsablauf, den sie täglich und in den immer gleichen Teilschritten wiederholen; das unterstützt sie dabei, dieses festgelegte „Drehbuch“ autonom in ihr familiäres Umfeld zu übertragen. Aus meiner Sicht ist es dabei nicht wesentlich, ob die Kinder ihre Zahnbürste von Rot nach Weiß bewegen oder die Zahnpasta drei Minuten zum Schäumen bringen. Wichtig ist vielmehr, dass sie mit der Zeit folgenden Grundsatz verinnerlichen: „Wir putzen uns die Zähne nach dem Essen und vor dem Schlafengehen.“
Im besten Fall putzen sich die Fachkräfte gemeinsam mit den Kindern die Zähne. Durch dieses pädagogische Prinzip der Anschaulichkeit erleben die Jüngsten den positiven Umgang mit der Routinetätigkeit. Auch die anderen Gruppenmitglieder dienen als (ergänzende) Modelle: Die Kinder motivieren sich gegenseitig zu dieser Pflegehandlung. Statt auf Zahnpflege gänzlich zu verzichten, bedarf es somit vielmehr einer erweiterten Zielsetzung bzgl. bestimmter Routinetätigkeiten, an der sich das Handeln der U3-Fachkräfte neu ausrichten kann.

Zähneputzen ist Elternsache

Es gibt viele gute Gründe, die gegen das Zähneputzen in der Kita sprechen. Pädagogische Fachkräfte beklagen, dass sie unterbesetzt arbeiten und eine verantwortungsvolle Betreuung der Kinder unter diesen Bedingungen kaum noch zu leisten ist. Und nun sollen sie mit den Jüngsten auch noch Zähne putzen? Wer diese Forderung unterstützt, sollte nochmal darüber nachdenken, ob das die richtige Prioritätensetzung ist. Bei Kindern unter drei Jahren erfordert das Zähneputzen eine Eins-zu-eins-Betreuung, ist also sehr zeitintensiv. Diese Pflegehandlung auch noch in den sowieso schon eng getakteten U3-Alltag einzubauen, erscheint mir unmöglich.
Des Weiteren sollen laut zahnärztlicher Empfehlung Zähne nicht direkt nach dem Essen geputzt werden. In der Kita-Praxis bedeutet das also, dass die Jüngsten nach dem Mittagessen kurz spielen können, ihre jeweilige Beschäftigung dann aber unterbrechen müssen, um in den Waschraum zu gehen. So ein Ablauf kann meines Erachtens nicht im Sinne der Kinder sein.
Und apropos Hygiene, die – völlig zu Recht – in Kitas und Krippen eine große Rolle spielt: Wie sollen pädagogische Fachkräfte sicherstellen, dass wirklich jedes Kind nur seine eigene Zahnbürste nutzt und nicht mal die des Nachbarn in seinem Mund landet? Auch das ist nicht zu gewährleisten, es sei denn man würde mit jedem Kind einzeln in den Waschraum gehen, was wiederum im Alltag nicht leistbar ist.
Schon jetzt nehmen Kita-Teams den Familien viel Verantwortung ab. Es ist nicht zu akzeptieren, dass noch ein weiterer Punkt auf dieser Liste landen soll – um das Zähneputzen müssen sich weiterhin die Eltern kümmern.

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