Gerade in den ersten Lebensjahren machen Kinder wichtige Entwicklungsschritte: krabbeln, rollen, sich hochziehen, um dann stehen und laufen zu können. Bewegungserfahrungen und die Wahrnehmung des eigenen Körpers im Raum sind für die Entwicklung enorm wichtig. Eine fortschreitende, aber noch instabile und unsichere Mobilität birgt jedoch vielfältige Unfallgefahren. Stürze und Anpralltraumen sind in diesem Alter daher vorprogrammiert. Mit über 50 Prozent sind Stürze die häufigste Unfallart im Kleinkindalter.
Doch auch im Kleinen lauern viele Gefahren. Babys und Kleinkinder sind voller Entdeckerdrang – sie wollen die Welt um sich herum mit allen Sinnen erforschen, erfahren und erfühlen. Dabei lernen sie die Beschaffenheit verschiedener Materialien, Untergründe und Nahrungsmittel kennen und begreifen nach und nach die Naturgesetze der Physik und Statik. Auch mit dem Mund wird Neues ertastet und erfahren. Diese Entwicklungsschritte sind wichtig und richtig. Es ist Aufgabe der Betreuungspersonen, dafür eine sichere Umgebung zu schaffen, um Unfälle zu vermeiden und gleichzeitig Freiraum für kindliches Entdecken und Forschen zu schaffen.
Risikoquellen minimieren
Insbesondere in der oralen Phase und bei der Einführung von Beikost besteht ein erhöhtes Risiko, dass Kinder kleine Gegenstände verschlucken oder mit giftigen Substanzen in Kontakt kommen. Mit der Erweiterung des räumlichen Aktionsradius steigt auch die Gefahr von Verbrennungen, Verbrühungen oder Ertrinken, z.B. durch den Wasserkocher, eine gefüllte Teetasse oder eine mit Regenwasser gefüllte Wanne im Außenbereich. Ein sicheres Umfeld für die Jüngsten, sowohl in den Innenräumen der Einrichtung als auch im Garten, ist daher entscheidend. Möbel und Ausstattungsgegenstände sollten fest an der Wand verankert sein, damit sie nicht umkippen können. Stürze vom Wickeltisch oder von Treppen können durch geeignete Absicherungen verhindert werden. Schubladen und Schränke bieten zwar Möglichkeiten zur Erkundung, Fachkräfte müssen aber immer darauf achten, was sich darin verbirgt. Auch Giftstoffe wie Medikamente, Putzmittel oder Zigaretten sollten immer sicher verschlossen und außer Reichweite der Kinder aufbewahrt werden.
Vorkehrungen treffen
Beim Verschlucken von kleinen Gegenständen oder Nahrungsmitteln ist es unerlässlich, dass pädagogische Fachkräfte die richtigen Erste-Hilfe-Maßnahmen beherrschen. Sie müssen in der Lage sein, zwischen einfachem Husten, Verschlucken und einer Erstickungsgefahr zu unterscheiden.
Um im Notfall gezielt und sicher handeln zu können, sollten potenzielle Gefahrensituationen regelmäßig in kleinen Rollenspielen geprobt und gefestigt werden. Das Wissen um Erste Hilfe und präventive Maßnahmen muss selbstverständlich in den Alltag integriert und ständig aufgefrischt werden. Regelmäßige Schulungen, Fachliteratur, Erste-Hilfe-Poster sowie klare Handlungsabläufe im Team tragen dazu bei, dass alle Beteiligten im Ernstfall optimal vorbereitet sind. Hierfür sind folgende Maßnahmen sinnvoll:
- Telefonlisten griffbereit halten
- Konkrete Abläufe besprechen & visualisieren
- Rollenverteilung im Notfall
- Kenntnisse über Wo ist was?
(Erste-Hilfe-Kasten, Verbandsbuch, Notfallmedikamente für chronisch kranke Kinder, Angehörigen-Infos usw.)
Auch wenn die genannten Kenntnisse selbstverständlich sein sollten, ist eine aktive und ggf. praktische Wiederholung immer wieder notwendig. Dies sorgt im Ernstfall für die nötige Sicherheit.
Sicher begleiten, frei entfalten
Natürlich bringen Eltern oft wichtige Hinweise und Expertenwissen über ihre Kinder mit. Sie kennen deren Vorlieben, besondere Herausforderungen und wissen, in welchen Situationen sie noch Unterstützung brauchen. Allergien und chronische Erkrankungen (Schluckstörungen, Lähmungen usw.) sollten offen kommuniziert werden, ebenso wie der Umgang damit. Es ist selbstverständlich, dass in solchen Fällen gemeinsam gehandelt wird und die Hinweise der Eltern ernst genommen werden. Wie bereits erwähnt, bringt die natürliche motorische Entwicklung jedoch ein gewisses „Unfall”-Risiko mit sich. So wie sich nicht vermeiden lässt, dass Kinder schmutzig werden, lässt sich nicht vermeiden, dass Laufanfänger mal hinfallen und stürzen. Auch Schürfwunden, blaue Flecken und Beulen kommen vor. Die Konsequenz sollte aber auf keinen Fall sein, die Umgebung übermäßig abzusichern. Die motorische und die soziale Entwicklung sollen immer frei und natürlich möglich sein. Die Jüngsten sollen sich ausprobieren können, ohne sich selbst dabei zu gefährden. Das Wissen darüber, auf welchem motorischen Entwicklungsstand sich das jeweilige Kind bereits sicher bewegt, ist wichtig, um die äußeren Bedingungen entsprechend zu gestalten. Es gibt viele individuelle Grautöne des Unfallrisikos zwischen schwarz (ein Krabbelkind auf ein Klettergerüst heben, ohne Helm fahren) und weiß (alles mit Luftpolsterfolie beziehen, „Boy in the bubble“).
Überfürsorgliche Eltern können oft durch Sachwissen und Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen besänftigt und abgeholt werden. Allein die Tatsache, dass Unfallprävention betrieben wird und dass das Kita-Team darüber Bescheid weiß, gibt diesen in der Regel ein gutes Gefühl. Um den Eltern zu signalisieren, dass ihre Sorgen ernst genommen werden, können pädagogische Fachkräfte Väter und Mütter auch in die Planung von möglichen Präventionsmaßnahmen miteinbeziehen:
- Gespräche über Kindersicherheit führen
- Broschüren oder Bücher weiterempfehlen
- Sicherheitsregeln aufstellen (z.B. keine Ketten oder Schmuck, keine Schnüre, Kordeln oder Schnullerketten an der Kleidung)
In einer Notfallsituation haben die Eltern auch allen Grund und das Recht, über das Wohlergehen ihres Kindes zeitnah informiert zu werden. Zunächst aber gilt es, die akute Gefahr abzuwenden (Notruf 112, Evakuierung, Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten, Ruhe bewahren usw.).
INFO
Achtung,
Verschluckungsgefahr!
Bei der Auswahl von Spiel- und Bastelmaterialien ist darauf zu achten, dass potenzielle Unfallgegenstände mit hohem Risiko für ein Verschlucken außerhalb der Reichweite von Kleinkindern aufbewahrt werden. Dazu gehören:
- Murmeln
- Münzen
- Perlen
- Nadeln
- Knopfbatterien
- kleine Bausteine
- Bügel- & Wasserperlen
- Luftballons
- Spielfiguren
- Würfel
Zum Beikoststart sollten folgende Lebensmittel noch gemieden werden:
- prall-elastische Lebensmittel, wie z.B. ganze Beeren, Cocktailtomaten oder Trauben
- Nüsse
- Samen