Der Begriff „Künstliche Intelligenz“, „KI“, kommt immer öfter vor. Ich habe keine große Lust, mich damit zu beschäftigen, die Sache scheint so technisch und so kompliziert. Manchmal denke ich: Sollen sich die Jüngeren darum kümmern! Aber ist das die richtige Haltung? Die Entwicklung scheint einfach voranzugehen, als sei das unaufhaltbar. Muss es nicht eine Mitsprache geben, was die ethischen Aspekte betrifft?
Eine Frau, die im Personalmanagement arbeitet, erzählte mir, es gehe inzwischen darum, ob Vorstellungsgespräche nicht überflüssig seien. Eine Firma lässt einen Bewerber oder eine Bewerberin einen Text lesen. Ein Computer wertet die zehn Minuten aus und kann sagen, ob dieser Mensch zuverlässig ist, Krankheiten sich andeuten, Unsicherheit angezeigt wird. Das ist mir unheimlich. Bei Bewerbungsgesprächen ging es mir oft darum, ob ich einen Menschen gut „riechen“ kann, ob er mir sympathisch ist. Und in der Regel habe ich mich mit meiner Einschätzung nicht geirrt. Aber solche „Bauchentscheidungen“ wären dann hinfällig.
Wenn die Roboter immer schneller werden, immer besser, sind die Menschen dann nicht überflüssig? „Menschen werden keine wesentliche Rolle mehr spielen in der weiteren Entwicklung des Kosmos“, sagte der KI-Forscher Professor Jürgen Schmidhuber in einem Gespräch mit dem Philosophen Richard David Precht. Er ist überzeugt, dass die Roboter der Zukunft wesentlich intelligenter sein werden als die Menschen. Sie würden die Menschen aber sozusagen „machen lassen“, weil sie sich gar nicht so sehr für sie interessieren werden. Andere „KIs der Zukunft“ seien für sie wesentlich interessanter. Precht meinte daraufhin, wir Menschen wären für die Roboter dann so etwas wie Schoßtiere: just nice to have, schön wenn sie da sind, aber nicht lebensnotwendig.
Das ist doch alles gruselig, denke ich. Lernende Roboter, die letztendlich unsere Welt steuern, und wir schauen als Menschen dabei zu? Sicher, ich bin fasziniert, dass es Staubsauger gibt, die von selbst lossaugen, wenn sie es für nötig halten (ich habe allerdings noch keinen, kann mir das aber vorstellen). Aber Roboter oder KIs, die selbstständig weitreichende Entscheidungen treffen, die die Zukunft beeinflussen? Der Mensch schafft etwas, was ihn hinter sich lässt? Das alles erscheint wie ein schleichender Entwicklungsprozess, der sich nicht demokratisch beeinflussen lässt.
Es gibt das berühmte Beispiel eines selbstfahrenden Autos, das in einer Unfallsituation entscheiden muss, ob es links ausschert und eventuell zwei ältere Damen tötet oder ob es rechts ausschert und dabei das Leben von zwei Kindern gefährdet. Bei einem Menschen würden wir sagen, er kann gar nicht ethisch urteilen in so einer Situation, da ist Tragik im Spiel. Aber kann ein Roboter diesbezüglich programmiert werden? Und wenn ja, wer tut das auf welcher Grundlage?
Professor Schmidhuber zeigt sich sehr optimistisch, dass KIs die Welt verbessern. Dass sie Menschen entlasten, weil sie harte Arbeit übernehmen. Er ist überzeugt, dass Technik an sich Menschenleben verbessert. Aber welche Ziele sollen KIs denn übernehmen?
Menschen sind nicht rational. Sie haben Gefühle, machen Fehler. Das ärgert uns manchmal, aber es macht das Leben ja auch spannend und interessant. Menschen sind emotional, verlieben sich, bekommen Kinder, haben Hoffnungen. Ja, sie neigen auch zur Selbstüberschätzung, zur Gewalt. Doch das ist schlicht Teil des Lebens!
Als ich das Gespräch zwischen Precht und Schmidhuber angeschaut habe, fiel mir Max Frischs Roman Homo Faber ein. Der Ingenieur Walter Faber hat eine absolut technische Weltauffassung. Alles scheint steuerbar, verstandgelenkt, machbar. Er muss dann auf grausame Weise lernen, dass es im Leben Fehler gibt, Versäumnisse, ja Tragik, die nicht einfach so rational zu beherrschen sind.
„Es ist nicht aufhaltbar“, sagt Herr Schmidhuber. Und er glaubt daran, dass KIs die Welt effizienter, Menschenleben länger, gesünder und leichter machen werden. „Es gibt enormen Anlass zur Hoffnung“, sagt er im Gespräch mit Richard David Precht. Meine Hoffnung ist eher, dass Menschen die Technik beherrschen, dass sie Grenzen ziehen, ethische Maßstäbe behalten. Und deshalb müssen wir uns informieren und darüber reden.