Als ich das erste Kind bekam, war ich 23, beim vierten Kind 33. Das wäre heute eher jung, Erstgebärende sind mittlerweile in Deutschland im Durchschnitt 30 Jahre. Und eine Schwangere, die älter als 35 Jahre ist, weiß: Bei ihr ist das Risiko erhöht, dass ihr Kind einen Gendefekt hat, Trisomie 21. Seit 2012 gibt es einen Bluttest, der das schon ab der 9. Schwangerschaftswoche erkennt. Er kostet zwischen 200 und 500 Euro.
Fruchtwasseruntersuchung nach der 14. Schwangerschaftswoche
Nun gibt es darüber eine Debatte. Das finde ich gut und richtig. Natürlich müssen wir fragen, wie wir als Gesellschaft mit Behinderungen umgehen. Aber zu sagen, der Bluttest diene der Abtreibung, ist irreführend. Denn es gibt seit Jahren eine Fruchtwasseruntersuchung. Die ist aber erst nach der 14. Schwangerschaftswoche möglich, das Ergebnis kommt oft erst zwei Wochen später. Manchmal kommt die Diagnose erst in der 20. oder 22. Woche. Wenn die Frau sich dann zu einer Abtreibung entscheidet – und neun von zehn Frauen tun das –, ist es eine Spätabtreibung bei einem manchmal schon lebensfähigen Kind. Beim Bluttest wäre eine Abtreibung in den ersten zwölf Wochen möglich, die in Deutschland zwar rechtswidrig, aber straffrei ist.
Mir ist wichtig, klarzumachen, dass es bei dieser Diskussion nicht grundsätzlich um Abtreibung geht, sondern darum, ob Krankenkassen den Test zahlen. Eine Schwangere möchte wissen, ob ihr Kind gesund ist. Also macht sie den Test – wenn es ihr finanziell möglich ist. Und da liegt die Ungerechtigkeit. Denn es wird noch geprüft, ob der Bluttest von den Krankenkassen bezahlt wird. Einige private Kassen tun es, die gesetzlichen derzeit nicht. Das heißt, wenn eine Frau privat versichert ist oder genügend Geld hat, kann sie den Test vornehmen lassen. Wenn sie gesetzlich versichert ist und wenig Geld hat, ist es für sie nicht möglich. Natürlich kann der Bundestag debattieren, natürlich können Ärzte und Krankenkassen diskutieren. Aber hier geht es darum, dass Frauen ein Recht darauf haben, diesen Test zu machen, wenn sie wollen, und es nicht davon abhängig ist, ob sie die finanziellen Mittel dazu haben.
Frauen haben ein Recht auf den Test
Ein Kind mit Trisomie 21 kann selbstverständlich ein lebenswertes Leben führen. Viele Eltern berichten von dem besonderen Glück, das ihr Kind in ihr Leben gebracht hat – trotz Trisomie. Aber das ist eine andere Diskussion. Es gibt den Test, also sollte er auch finanziert werden, wenn die Frau ihn machen will. Eine Krankenkasse kann doch Frauen nicht entmündigen, indem sie mal den Daumen nach oben, mal nach unten zeigen lässt, je nach Versicherungsstatus.
Zeigt der Test am Ende eine Chromosomenveränderung des Säuglings, kommt die schwere Frage: Abtreibung ja oder nein. Unsere Gesellschaft sollte Eltern alle Unterstützung geben, damit sie sich für das Kind entscheiden können. Die Entscheidung kann ihnen aber niemand abnehmen. Und Abtreibungsgegner sollten aufhören, Frauen zu verteufeln, die sich nicht zutrauen, ein Kind mit Behinderungen großzuziehen.