SchönheitsoperationenDer liebe Gott hat einen großen Zoo

Schönheitsoperationen lösen häufig heftige Debatten aus. Während sie im Showbusiness geradezu Pflicht sind, werden Korrekturen an Nase, Kinn oder Po im Bekanntenkreis der „Normalbürgerinnen" eher verschwiegen. Vielleicht hilft da ein „ fleißiger“ Kompromiss und – Gelassenheit.

Schönheitsoperationen sind ein sehr kontroverses Thema. Da gibt es diejeni­gen, die erklären, sowas sollte grundsätz­lich niemand tun, weil wir uns irgend­ welchen Idealmaßen beugen. Das andere Extrem sind diejenigen, die wirklich alles operieren lassen bis hin zu Händen oder Knien, die gestrafft werden.

Vor zwanzig Jahren hätte ich noch gesagt: Auf keinen Fall, ich bin absolut dagegen. Vielleicht bin ich inzwischen altersmilde oder auch selbst stärker betroffen. Ich finde weiterhin absurd, ja gefährlich und unsinnig, wenn ein Mädchen sich eine Brustvergrößerung als Konfirmationsge­schenk wünscht. Eine Frau und auch ein Mann müssen doch erstmal auswachsen, erwachsen werden, um ein gutes Körper­gefühl zu bekommen. In der Pubertät ist das kaum möglich.

Gigantische, mit Silikon gefüllte Rie­senbrüste finde ich eher abstoßend, sie passen oft gar nicht zum schmalen Kör­per der Frauen, die das machen lassen. Oder dicke aufgespritzte Lippen, die entsprechen nicht meiner Vorstellung von „schön“. Da ist eher der Eindruck, Menschen versuchen geradezu verzwei­felt, irgendwelchen Schönheitsidealen zu entsprechen, und sie merken dabei gar nicht, dass sie alle Individualität ver­lieren. Es ist vielleicht nicht nett, das zu sagen, aber mein Eindruck ist, dass die Frauen um Donald Trump alle ähnlich aussehen: weiße Hautfarbe, lange Beine, gerade Nasen, keine Falten.

Ich finde Kontroversen immer gut. Aber Kompromisse auch! Die müssen ja nicht faul sein, sie können auch fleißig sein, weil wir einen guten Mittelweg suchen.

Es ist toll, wenn jemand wie der Schau­spieler Jürgen Vogel zu seiner Zahnlücke steht, ja diese zu seinem sympathischen Markenzeichen wird. Ähnlich ist das ja bei Richy Müller, der zu seiner großen Nase erklärt, er habe nie darunter gelit­ten. Das ist wunderbares Selbstbewusst­ sein. Und ich finde auch, es ist belastend, wenn eine Gesellschaft Normen schafft, wie ein Mensch auszusehen habe. Eine Tante von mir sagte oft: „Der liebe Gott hat einen großen Zoo!“ Und das ist ja schön. Gott hat uns in Vielfalt geschaffen, groß und klein, dick und dünn, mit unter­ schiedlichen Hautfarben, Brüsten, Augen Nasen. Wenn alle gleich aussehen wür­den, wäre das ziemlich langweilig.

Auf der anderen Seite ist es doch auch nicht verwerflich, ein paar Falten oder Hängebacken straffen zu lassen. Falls eine junge Frau heftig unter ihrer definitiv sehr auffälligen, disproportional großen Nase leidet, warum sollte sie das nicht korrigieren lassen? Ich finde unan­gebracht, wenn andere, die das Problem selbst nicht haben, darüber urteilen. Oder eine Frau, die unter ihren großen Brüs­ten leidet, Rückenschmerzen bekommt: Warum sollte eine Bruststraffung da ver­urteilt werden? Ebenso könnten wir über einen Mann reden, dessen Augen immer müder und kleiner aussehen, weil die Li­der im Alter immer stärker auf den Augen hängen. Eine Lidstraffung ist doch kein Sündenfall.

Zwischen dem Extrem: „Niemals Schön­heits-­OP“ und dem anderen: „Alles, was möglich ist, der aktuellen Schönheits­norm anpassen“, können wir Kompro­misse finden mit ein bisschen mehr Gelassenheit. Wie oft im Leben gibt es hier nicht nur schwarz und weiß. Sicher, da stehen auch Geld und Geschäft dahin­ter. Manchmal denke ich: Davon hätte je­mand abraten müssen! Aber es gibt auch seriöse Ärztinnen und Ärzte, die gut be­raten und gut behandeln. Das müssen wir nicht tabuisieren.

Ich selbst habe vor fast zehn Jahren eine Lidstraffung durchführen lassen – und ich bin bis heute zufrieden damit. Muss ich das „beichten“? Eigentlich nicht. Denn ich habe es bisher nicht erzählt und niemand hat es mitbekommen. Manche sagten hinterher nur: Du siehst so viel frischer aus. Ich schreibe es jetzt, um an­dere zu ermutigen: Du kannst was kor­rigieren lassen, wenn es dir wichtig ist. Dafür muss sich niemand schämen. Aber andererseits sollte niemals eine Frau unter Druck stehen, sich einer Operation auszusetzen, weil sie Druck spürt, irgend­ jemand anderem oder einer gesellschaft­lichen Norm zu entsprechen.