Es ist unverantwortlich, in diese Welt Kinder zu gebären, sagt mir ein sehr junger Mann. Huch, denke ich, den Satz kenne ich doch! Als ich mit meiner ersten Tochter Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts schwanger war, sagte mir eine Studienkollegin genau diesen Satz. Es war die Zeit der Nato-Nachrüstung, „Fulda-Gap“ war ein Spiel in den USA, mit dem die Wirkung von Atomwaffen aus Ost und West mitten in Deutschland durchbuchstabiert werden konnte. Diese Worte haben mich damals sehr getroffen. Ich war glücklich, ein Kind zur Welt bringen zu können.
Als ich meiner Mutter davon erzählte, lachte sie und erzählte, sie hätte diesen Spruch auch gehört, als sie 1950 das erste Mal schwanger wurde. Nach diesem schrecklichen Krieg, nach all dem Grauen sei das doch keine Welt, in die man Kinder „setzen“ könne. Sie hat vier Kinder zur Welt gebracht, meine Schwestern und ich sind auch alle Mütter geworden, inzwischen sind wir alle Großmütter.
Ja, ich verstehe, dass sich die gegenwärtige Generation Sorgen um die Zukunft macht. Und ja, der Klimawandel ist bedrohlich, ebenso sind es die Kriege dieser Welt. Wenn ich unsere Welt sehe, mache ich mir auch Sorgen. Aber war das nicht immer so? Ich denke an das Mittelalter, das heute so gern gefeiert wird. Es war kein lustiges Leben damals, ein Frauenleben war hart und oft sehr kurz. Eine Schwangerschaft war ein hohes Risiko. Und dennoch wurden Frauen schwanger, nicht einfach nur ungewollt, sondern weil sie Leben weitergeben wollten.
Dazu gehört sicher zweierlei:
Zum einen Mut. Heute können Frauen eine Schwangerschaft planen. Viele machen sich die Entscheidung schwer, suchen nach dem richtigen Zeitpunkt im Leben – und oft auch nach einem Partner, der mit ihnen gemeinsam ein Kind großziehen will. Wenn sie sich dafür entscheiden, ist das ein sehr bewusster Schritt, das finde ich gut. Und doch sind Schwangerschaft, Geburt und das Leben mit einem Kleinkind auch heute kein Spaziergang. Insofern braucht die Entscheidung auch heute Mut und eine gewisse Lebenszuversicht.
Zum anderen gehört dazu Gottvertrauen. Auch wenn ich nicht alles im Griff habe, bin ich Teil des Lebens, das Gott geschaffen hat. Mein Kind wird Teil des Segenskreises sein, in den Gott uns stellt. Das schützt nicht vor allem Leid. Aber es gibt Kraft, mit dem Leid zu leben.
Ja, wir müssen uns engagieren, damit diese Welt für alle lebenswert wird und lebensfähig bleibt. Das sehe ich als Verpflichtung an. Aber wer keine Kinder mehr in diese Welt setzen will, hat doch alle Hoffnung verloren, dass wir sie verbessern könnten.
Als ich mit meiner vierten Tochter schwanger war, fragte mich ein Brite auf einer Konferenz, ob ich das ökologisch verantworten könnte. Auch das hat mich getroffen. Ja, das hohe Bevölkerungswachstum in Teilen der Erde ist ökologisch belastend. Aber da geht es doch darum, Frauen Zugang zu Verhütungsmitteln zu verschaffen, damit sie endlich selbst bestimmen können, wie viele Kinder sie zur Welt bringen wollen. In unserem Teil der Erde brauchen wir Nachwuchs, um nicht zu überaltern. Ich jedenfalls sehe jedes Kind als Hoffnungszeichen.