Am 12. Mai ist Muttertag. Ich finde ihn immer wieder ambivalent. Auf der einen Seite habe ich selbstverständlich meiner Mutter bis zu ihrem Tod vor fünf Jahren immer Blumen geschickt. Ich weiß, dass sie sich darüber gefreut hat. Und ja, ich gebe es zu, auch ich freue mich, wenn meine Töchter mir eine Karte schicken oder Blumen oder auch einfach nur anrufen.
Meine Zwiespältigkeit hängt gar nicht mit der Geschichte des Muttertages im Nationalsozialismus zusammen, sondern mit dem Ärger darüber, wie Mütter bis heute bevormundet werden. Alle haben ein Bild davon, was eine gute Mutter ist. Verzichten sie auf Berufstätigkeit, um sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen, werden sie schnell als „Heimchen am Herd“ abqualifiziert. Sie müssen dann angeblich erst wieder „in die Arbeitswelt eingegliedert werden“, als ob sie sich in irgendeinem Abseits befunden hätten.
Sind Frauen mit Kindern berufstätig, gelten sie in Deutschland oft als „Rabenmutter“ oder mit einem noch schlimmeren Begriff als „Gebärmaschine“. Sie werden geradezu als verantwortungslose Egoistinnen abgetan, die ihre Kinder so schnell wie möglich loswerden wollen und sich in keiner Weise um sie kümmern, weil sie sich selbst verwirklichen wollen. Mit der Realität von berufstätigen Müttern haben diese Bilder nichts zu tun.
Verzichten Frauen aber auf Kinder, sind sie schnell als „karrieregeile Zicken“ deklassiert. Manche Frau mit vierzig Jahren in unserem Land muss sich kritischen Blicken und Fragen stellen: Zu egoistisch, um ein Kind zu bekommen? Dass vielleicht der Partner zur Elternschaft fehlt, es gesundheitliche Probleme gibt oder der Beruf auch einen legitimen, ganz eigenen Raum einnimmt, wird nicht wahrgenommen. Die Frage ist ja auch: Muss jede Frau Mutter sein, um ein erfülltes Leben zu haben?
Und dann die Auseinandersetzung heute: Kind zu früh in die Kita, Kind zu spät in die Kita? Da gibt es das Recht auf einen Kitaplatz, aber keine Kita. Oder die Kita macht Ferien – wohin mit dem Kind? Dazu diese Bilder, dass Berufstätigkeit und Kindererziehung locker zu vereinbaren seien, was schlicht nicht stimmt. Das ist oft für Mütter ein Drahtseilakt, der immens viel Kraft kostet.
Rabenmütter, Gebärmaschinen, Heimchen am Herd … das alles gab es übrigens schon in der Bibel. Mich fasziniert an der Bibel immer wieder, wie Urtypen längst beschrieben sind, wir Vorbilder und eine Vielfalt von Lebensentwürfen finden können. Über die richtet Gott übrigens nicht. Gott begleitet diese Leben, die mal geplant, mal ungeplant einen je ganz eigenen Verlauf nehmen – damals wie heute.
Mütter sind verschieden, die Umstände, unter denen sie Kinder bekommen ebenfalls, wenn wir auf unser Land und weiter noch auf unsere Welt blicken. Es geht darum, dass sie die Freiheit haben, sich für ein Kind zu entscheiden, und die Freiheit, ihr Muttersein zu gestalten – unabhängig vom Urteil anderer.